– Formel-1-Champion Sebastian Vettel fuhr auf der Straße des 17. Juni eine Ehrenrunde. Trotz Bibberwetters waren einige Tausend Zuschauer gekommen
Der Weltmeister macht seine Hausaufgaben. Prüfend bewegt er die Sohle seines rechten Schuhs über das rutschignasse Pflaster, geht auf die Knie, um mit der flachen Hand den angrenzenden Asphalt zu inspizieren. Dann weicht Sebastian Vettels kritischer Blick einem Grinsen. „Gut, dass kein Schnee liegt, Spikes haben wir nicht dabei“, sagt er und lacht sein Vettel-Lachen. Um die schnellste Rundenzeit geht es nicht an diesem Novembermittag.
„Sebastian Vettels Ehrenrunde durch Berlin“, so ist die Veranstaltung auf der Straße des 17. Juni angekündigt worden. Rein meteorologisch ist der Empfang, den die Stadt dem neuen Formel-1-Champion bereitet, äußerst frostig, dennoch sind einige Tausend Berliner gekommen.
Als der Moderator um 12:50 Uhr feierlich erklärt, von Vettels Dienstwagen würden gerade die Heizdecken entfernt, hätte wohl mancher gerne mit den vier Pneus getauscht, die wohlgewärmt die kurze Fahrt vom Brandenburger Tor zur Yitzhak-Rabin-Straße und zurück antreten. Doch schon rollt der Champion mit seinem RB6-Boliden, den er selbst nur „Randy Mandy“ nennt, aus der Garage.
Ein Auftritt auf der Fanmeile, genau wie die Fußballer 2006 und 2008 – mit dem Unterschied, dass Vettel tatsächlich den Titel im Gepäck hat. Die kurze Berlin-Rundfahrt findet in improvisierter Umgebung statt. Direkt neben der Strecke türmt sich ein Erdhaufen. Entlang der Fahrbahn hat man provisorische Leitplanken gezogen, an den Wendekreisen keine Reifenstapel, sondern weiße Sandsäcke.
Vettel beschleunigt, ein bisschen. Vorbei geht es am Sowjetischen Ehrenmal, in gemächlichem Tempo, wegen des doch sehr holprigen Belags. „Das ist ja hier eine Baustelle“, sagt der 23-Jährige hinterher und lacht wieder sein Vettel-Lachen. Nein, nein, es sei „schon kein schlechtes Gefühl, auf die Siegessäule zuzufahren“. An den Scheitelpunkten der engen Strecke ist dann auch Platz für Spaß. Vettel lässt den Motor aufheulen und dreht sich mit qualmenden Reifen mehrfach um die eigene Achse. Die Fans jubeln. Dann geht es zurück. Durch die kahlen Bäume des Tiergartens meint man, eher einen trompetenden Elefanten als ein Rennauto näherkommen zu hören. Der Reifenqualm ist noch nicht verzogen, da entsteigt Vettel schon wieder seinem glänzenden Gefährt.
„Janz jut“ sei das gewesen, findet Dietmar aus Reinickendorf nach der Show. Er ist dem Anlass entsprechend gekleidet, trägt Motorradjacke und ein rotes Käppi mit dem Namen eines Reifenherstellers. Er sei ja „eigentlich Schumi-Fan“, gibt er zu. „Aber ich bin hier, um als Formel-1-Fan Vettel meine Ehre zu erweisen.“ Nur der Klang sei wenig authentisch. „Der konnte ja überhaupt nicht ausfahren. Wenn bei einem richtigen Rennen mehrere Wagen mit Topspeed an einem vorbeirauschen, dann wackelt die Bauchdecke.“ Auch bei Eftychios Latinakis blieben die mitgebrachten Ohrenschützer ungenutzt. Der Deutsch-Grieche und sein Sohn Filimon hatten dennoch Spaß. Der Junior beschreibt, warum Vettel sein Liebling ist: „Er ist ein richtig guter Fahrer. Und er macht oft Scherze.“
Mit der Currywurst aber meint es Vettel dann doch ernst. „Die muss ab und zu sein, besonders in Berlin“, sagt er und beschreibt noch schnell den Weg zu seinem Lieblingsimbiss: „Da hinten links,unter der S-Bahn am Bahnhof Friedrichstraße“.