– Dänemarks Sensationsmeister FC Nordsjaelland tritt gegen Champion FC Chelsea an
Berlin (dapd). Zum Glück zieht Dänemarks Meister, der FC Nordsjaelland, für seine Spiele in der Champions League in die Metropole um, in den Parken von Kopenhagen. Ein Trip ins Nördliche Seeland, in die Kommune Farum, wäre den edlen Stars des FC Chelsea wohl auch nicht zuzumuten gewesen. Was hätten sie sich am Vorabend des Spiels anschauen sollen? Die kleine Backsteinkirche aus dem 12. Jahrhundert? Und hinter dem 10.000-Besucher-Stadion, dem Farum Park, kommen ja nur noch zwei kleine Familienhaussiedlungen, und dann kommt schon das freie, grüne Land.
Es ist ein etwas groteskes Duell, das die UEFA für den Dienstag (20.45 Uhr) angesetzt hat, eine Partie wie aus den Urzeiten des Wettbewerbs, als sich Europas Große in den ersten Runden mit Champions der Winzligen herumschlagen mussten.
Hier: Der Sensationsmeister aus der Kleinstadt, 18.400 Einwohner, von denen jeder also noch locker einen Gast von außerhalb mitnehmen könnte, um das Ausweichstadion zu füllen. Dort: Der Champions-League-Sieger aus der Olympiastadt, unterwegs im stolzen Auftrag des Milliardärs Roman Abramowitsch.
Man hatte zuletzt geglaubt, dessen Spendierfreude habe sich beruhigt, doch der größte europäische Vereinstitel hat sie wohl eher noch einmal befeuert. 100 Millionen Euro hat Abramowitsch bekanntermaßen im Sommer in Umlauf gebracht, im Winter will er sich laut britischen Medienberichten noch einmal für 56 Millionen Euro den kolumbianischen Angreifer Radamel Falcao angeln.
Der dänische Meister hat sich, das nur zum Vergleich, auf zwei Transfers der genügsameren Kategorie beschränkt, und nicht mehr als 400.000 Euro in die Hand genommen. Man setzt auf Jugendarbeit, sogar Michael Laudrup schickte seinen Sohn Andreas nach der Akademie von Real Madrid auf die Jugendschule Nordsjaellands. Nun steht er im Profikader. „Wir kaufen keine Stars, aber wir tun unser Bestes, welche zu entwickeln“, sagt Sportdirektor Jan Laursen. Das gelingt immer öfter, mit allen üblichen Folgen: Nach der besten Saison der Vereinsgeschichte hat der erst seit 2003 unter diesem Namen spielende FC Nordsjaelland drei Spieler zum dänischen EM-Team entsandt, nur der 20 Jahre alte Verteidiger Jores Okore ist zurückgekehrt. Für Andreas Bjelland (Twente Enschede) und Tobias Mikkelsen (Greuther Fürth) haben sie immerhin gut drei Millionen Ablöse erhalten. Dazu die 20 Millionen für die Champions-League-Teilnahme, ein Quantensprung für den sich seit Jahren in kleinen Schritten entwickelnden Verein.
Nach dänischen Medienberichten überweist Klubbesitzer Allan K. Pedersen einigen Spieler im Nordsjaelland-Kader nur 5.500 Euro pro Monat, ein Betrag, für den sich Chelsea-Stürmer Fernando Torres, der überlieferte 250.000 Euro die Woche einstreicht, wohl nicht einmal einen halben Stutzen anziehen würde.
Nein, der Vergleich mit Chelsea ist keiner, den Nordsjaelland gewinnen kann – dass es ihn am Dienstagabend überhaupt gibt, ist der Erfolg. Trainer Kasper Hjulmand wird seine Spieler dennoch wieder ihr Spiel spielen lassen, dänisches „Tiki-Taka“ nennen sie das stolz, selbst beim 0:2 bei Schachtjor Donezk vor zwei Wochen hatten sie 56 Prozent Ballbesitz und fast 200 Pässe mehr zum Mann gebracht.
Wie es mit dem Überraschungsteam mittelfristig weitergeht, ist derweil unklar. Der boxernasige Pedersen steht ab Januar vor Gericht. Er verkaufte sich selbst vor vier Jahren 93,6 Prozent der Klub-Anteile zum „Freundschaftspreis“ von 67.000 Euro. Nur wenige Wochen später ging sein Unternehmen bankrott, das ihn nun verklagt. Verliert er, muss sich der FCN auch einen neuen Eigner suchen.
Doch das wird all die Jesper Hansens und Sören Christensens am Dienstagabend nicht so recht interessieren. Der FC Chelsea ist zu Gast – wenn auch nicht in der heimischen Kommune, dann immerhin an der Stätte guter Erfahrungen: der Pokalsiege 2010 und 2011.