– Protestgruppe Femen wirft Donezker Polizei Gewaltanwendung vor – Behörden weisen Vorwürfe zurück
Donezk (dapd). Der Polizeichef von Donezk verzog keine Miene. Stoisch nahm Jurij Sednew auf der Pressekonferenz am Samstag die Fragen zum Verhör und zur mutmaßlichen Misshandlung von drei Frauenrechts-Aktivistinnen entgegen. Stoisch gab er seine Antworten. Ja, man habe zwei und später drei Frauen verhört. „Es gab aber zu keiner Zeit Misshandlungen“, sagte Sednew.
Dies hatte zuvor die Organisation Femen erklärt, die im Umfeld der Fußballeuropameisterschaft mit aufsehenerregenden Aktionen für mehr Frauenrechte demonstrieren. Drei Aktivistinnen seien am Freitagabend vor dem EM-Spiel der Ukraine gegen Frankreich in Donezk verschleppt worden. Eine von ihnen sei ins Gesicht geschlagen worden.
Sednew bestätigte auf Nachfrage, dass zwei Frauen verhaftet worden seien, später sei eine dritte auf der Polizeiwache erschienen. „Wir haben sie eingeladen, zu den beiden anderen Mädchen zu stoßen, um ihr zu zeigen, dass wir keinen Druck ausüben“, sagte Sednew. Die mächtigen Schulterklappen seiner blauen Uniform zuckten nur hin und wieder kurz.
Wie lange die Aktivistinnen festgehalten und verhört wurden, wisse er nicht, sagte Sednew lapidar. Nach Darstellung von Femen waren die drei Frauen erst am frühen Samstagmorgen wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Sednew saß einige Stunden später unter dem mächtigen Donezker Stadtwappen, das einen Hammer in einer Faust zeigt, und erzählte die Version der Behörden: Die Polizei sei von einer Frau am Freitagnachmittag in ein McDonald’s-Restaurant in der Innenstadt gerufen worden. Diese habe zuvor eine Unterhaltung zweier weiterer Frauen gehört, die „etwas Schlechtes an der Donbass Arena“ vorgehabt hätten. Die beiden Frauen seien später aufgrund der Beschreibung der Zeugin festgenommen worden.
Als der Polizeichef geendet hatte, meldete sich auch noch der Donezker Bürgermeister Alexander Lukjantschenko zu Wort. Er wolle doch jetzt noch einmal etwas klarstellen: „Die Mädchen in der Donbass-Region sind sowieso viel schöner als diese Mädchen. Ich denke die Lokaljournalisten werden mich unterstützen.“ Ein Raunen ging durch den Saal, einige Anwesende lachten. Die Femen-Aktivistinnen hatten in der Vergangenheit mehrfach mit nacktem Oberkörper für mehr Frauenrechte in der Ukraine protestiert, unter anderem bei der EM-Auslosung im Dezember in der Hauptstadt Kiew.
Nach Darstellung der Verhafteten, die sie auf ihrem Blog livejournal.com veröffentlichten, sei dagegen die Situation auf der Polizeiwache eskaliert, nachdem die Frauen mehrfach nach dem Grund ihrer Verhaftung gefragt, aber keine Antwort erhalten hätten. Ein Polizist soll eine von ihnen ins Gesicht geschlagen haben. Dabei soll folgender Satz gefallen sein: „Janukowitsch ist uns scheißegal. Wir beschützen Rinat.“ Die Aktivistin habe zuvor gefragt, ob die Beamten „Angst um Janukowitsch“ hätten. Multi-Milliardär Rinat Achmetow ist der mächtigste Mann der Stadt und als Eigner des Fußballklubs Schachtjor Donezk auch der Finanzier der Donbass Arena, wo am Freitagabend das EM-Spiel stattfand, in dessen Umfeld offenbar die Protestaktion geplant war.
Seit Beginn der EM-Endrunde werde die Gruppe aus Kiew permanent vom ukrainischen Geheimdienst bewacht, beklagte die Vorsitzende von Femen, Anna Huzol. Außerdem würden Telefone, Handys und die Online-Kommunikation systematisch abgehört.
Die Behörden im östlichsten EM-Austragungsort spielten die Angelegenheit herunter. Es sei alles korrekt zugegangen, sagte Polizeichef Sednew. Bei ihrer Freilassung hätten die Frauen schließlich ein Papier unterschrieben, auf dem sie bestätigten, dass sie nicht misshandelt worden seien.