– Mit Pep Guardiola geht der Mann, der Barca zum Weltereignis machte
Berlin (dapd). Es ist, man darf das schon jetzt sagen, das Ende einer Zeitrechnung. Denn der FC Barcelona ohne Josep Guardiola wird weniger sein als ein Fußballverein ohne seinen Trainer. Guardiola, Kind der Barca-Akademie „La Masia“, Spieler unter Vereinsheld Johan Cruyff, hat als Coach, als Mentor dieses Teams, den stolzen Klub aus Katalonien in neue Sphären geführt.
Barca, wie alle dort sagen, wurde unter Guardiola womöglich zum ersten Mal überhaupt dem edlen Vereinsspruch vollends gerecht. Unter Leitung dieses Mannes wurden die Katalanen fürwahr „mehr als ein Klub“, sie wurden: ein Weltereignis.
Am Ende der Saison fällt also der Vorhang für den Intendanten dieser grandiosen Aufführung, die der Fußballwelt so viel Freude, Barcas Gegnern gleichzeitig so viel Verzweiflung gebracht hat. Sie dürften die einzigen sein, die sich über Guardiolas Entscheidung freuen. „Wir werden dem besten Trainer in der Geschichte dieses Klubs ewig dankbar sein“, sagte Barcelonas Präsident Sandro Rosell am Freitag. Es übernimmt der Assistent und engste Vertraute Tito Vilanova. Er wird Guardiolas Weg weiter beschreiten.
13 von möglichen 16 Titeln hat der 41-Jährige bis zum Ende des Kalenderjahres 2011 mit seiner Elf gewonnen. Eine unglaubliche Zahl. Die meisten Vereine schaffen das in hundert Jahren nicht. Aber auch eine mörderische Last, die Guardiola da auf sich geladen hat. Denn jede missglückte Titelverteidigung kommt da naturgemäß einer Krise gleich. In den vergangenen zwei Wochen gab es demnach gleich eine doppelte. Gegen den FC Chelsea vergab Barca die Chance auf den erneuten Champions-League-Gewinn. Dazwischen, im Clasico zu Hause gegen Real Madrid, pulverisierte sich das letzte Korn Hoffnung auf die Wiederholung der spanischen Meisterschaft.
Guardiolas Spielphilosophie, die auf maximalem Ballbesitz gründet, auf technischer Höchstfertigkeit, auf der Eliminierung des Zufalls, wurde vom letzten, nie zu zerstörenden Rest ebenjenes Zufalls zuletzt durchkreuzt. Latte und Pfosten verbündeten sich mit Chelsea und gegen das schöne Spiel.
In Vergessenheit gerät: Barcelona spielt erneut eine herausragende Saison, steht im spanischen Pokalfinale, wird in der Liga ziemlich sicher 100 oder mehr Tore schießen.
Hochmut ist als Ursache für die Misserfolge bei einem wie Guardiola kategorisch auszuschließen. Überheblichkeit bekämpft er im Keim. Deswegen passten Diven wie Zlatan Ibrahimovic auch nie in sein Konzept, in seinen Verein. Nach dem 4:0 gegen Klinsmanns Bayern vor drei Jahren mahnte er vor dem Rückspiel: „Ich war in Kaiserslautern.“ Dort hatte er als Spieler im Herbst 1991 unter Trainer Cruyff fast den Preis für die Unterschätzung des Gegners bezahlt. Nur durch Bakeros Last-Minute-Kopfball kam Barca glücklich weiter und gewann am Ende den Landesmeister-Cup, den ersten überhaupt. Als Trainer wiederholte er diesen Triumph noch zweimal.
Größte Angst hatte er immer vor der Demütigung eines Rauswurfs, wie er sein Idol Cruyff im Mai 1996 ereilte. Daher die ständigen Einjahresverträge. Die Kündigung, sie hätte Pep Guardiola in nächster Zeit ganz sicher nicht gedroht. Er kam ihr dennoch zuvor.