– Miroslav Kloses Wechsel ist seine erste persönliche Niederlage – Großes Ziel EM 2012
Diejenigen, die bei Miroslav Kloses letztem Auftritt im Trikot des FC Bayern symbolträchtigen Szenen auf der Spur waren, mussten nicht lange suchen. Blumen gab es schon mal keine. Weil zu diesem Zeitpunkt offiziell noch nicht feststand, ob Klose den Verein verlassen oder doch noch ein Jahr bei den Bayern dranhängen würde, wurde der Nationalspieler im Gegensatz zu Thomas Kraft, Andreas Ottl und Hamit Altintop vor dem Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart nicht mit einem Dankes-Sträußchen verabschiedet. Und auch ein versöhnliches Ende seiner schlimmen Saison war Klose nicht vergönnt. In einem fast absurden Torversuch schaffte er es, den Ball aus kürzester Distanz über den Kasten zu heben.
Nun nimmt Klose durch die Hintertür Abschied. Irgendwie passt das zu dem Mann, der immer schon die leisen Töne bevorzugte. Passend auch deswegen, weil Verein und Fans in den vier Jahren nie richtig warm geworden sind mit Klose. Und Klose umgekehrt auch nicht mit dem FC Bayern. Nach zwei passablen ersten Jahren in München hat Klose die Erwartungen seines Arbeitgebers seit der EM 2008 im Grunde durchgehend enttäuscht. Seit Oktober 2010 stand er nur noch drei Mal in der Bayern-Startelf, in 45 Einsätzen seit der EURO traf er nur vier Mal.
Nun gehören schwache Phasen zu Kloses Karriere wie der Salto, den er sich zu Jugendzeiten für eine Wette mit einem Teamkollegen selbst beibrachte. Immer wieder zählten die Experten mit wachsender Häme die Minuten, die seit dem letzten Klose-Tor schon wieder vergangen waren. Und diesmal hat sich Klose wohl zu lange auf einen seiner größten Vorzüge verlassen: Dass er es entgegen allen Kritikern noch einmal schaffen würde. So wie bei der WM 2010, bei der Klose es fertigbrachte, mit vier Toren tatsächlich eins mehr zu erzielen als in der gesamten Bundesliga-Saison zuvor. Und wie bereits im September 2008, als Klose nach längerer Krise plötzlich drei Mal gegen Finnland traf. „Ich weiß, was ich kann“, pflegt Klose immer dann zu sagen, wenn die negativen Schlagzeilen wieder einmal über ihm hereinbrechen. „Ich weiß, was ich kann.“ Immer wieder. Und am Ende hatte er damit immer Recht behalten.
Doch bei den Bayern konnte Klose noch so fest daran glauben, was er konnte, Louis van Gaals Geduld war deutlich begrenzter als die des Bundestrainers. Was zur Folge hatte, dass Klose im WM-Jahr 2010 bei zwölf Länderspielen, aber nur zehn Bundesligaspielen in der Startelf stand. Zehn Toren im Nationalmannschaftstrikot standen nur drei Liga-Treffer für die Bayern gegenüber. Der Abschied vom FC Bayern ist, wenn man so will, die erste wirkliche Niederlage für den unverwüstlichen Klose.
Klose hat stets betont, dass sein letztes großes Ziel der Titel bei der EM 2012 ist, die in seinem Geburtsland Polen stattfindet. Dass sein großer Rivale Mario Gomez zumindest in der Nationalmannschaft keine Konkurrenz für ihn war, darauf hatte sich Klose lange Zeit verlassen können. Doch Gomez hat nicht nur 28 Bundesliga-Tore erzielt, er hat auch seit der WM in acht Länderspielen sieben Mal getroffen – und sein ganz persönliches Nationalmannschafts-Trauma beim Spiel in Wien am vergangenen Freitag auch symbolisch weggeküsst.
Klose muss aber in der Saison 2011/12 bei einem Verein mit möglichst gutem Namen spielen und regelmäßig treffen, um seinen großen Traum von der EURO 2012 in seinem Geburtsland nicht nur von der DFB-Ersatzbank zu erleben. Seit zwei Jahren wird Klose in jeder Transferperiode ein Vereinswechsel nahegelegt. Doch erst jetzt sind der 109-fache Nationalspieler und sein Berater zu der Erkenntnis gelangt, dass Klose in München nicht mehr glücklich wird.
Nun also Italien, der Traum der Deutschen. Den Fürther Ludwig Janda zog es 1949 als ersten deutschen Fußballer über die Alpen. Der Stürmer wechselte für 50.000 Mark zum AC Florenz. Schnellinger, Haller, Briegel, Matthäus, Brehme, Klinsmann, Völler – die Liste der Deutschen in der Serie A ist lang. Der erfolgreichste unter ihnen, DFB-Manager Oliver Bierhoff, der zwischen 1991 und 2003 in 220 Spielen in den ersten beiden Ligen Italiens in 320 Spielen 150 Tore schoss, hatte in dieser Woche noch einmal deutlich gemacht, dass der DFB bei der EM nur auf Spieler setze, die in ihren Vereinen regelmäßig spielen. Ein unmissverständliches Zeichen an Klose, dem die Bayern nur noch einen sehr leistungsbezogenen Vertrag angeboten hatten.
Und so geht der „Pfälzer Bub“ auf seine alten Profi-Tage doch noch mal ins Ausland. Wer ihn im „Sommermärchen“ beim Friseurbesuch verschüchtert Englisch hat sprechen hören, mag kaum glauben, dass sich der Mann aus dem 5000-Seelen-Städtchen Kusel in so fremder Umgebung wohlfühlen wird. Doch für sein großes Ziel, Polska 2012, wird Klose nun sogar seinem großen Idol Fritz Walter untreu. „Dehämm“ ist für Klose jetzt in Rom.