– Der Punkrocker Campino von den Toten Hosen gönnt Hertha heute gegen seine Düsseldorfer einen Punkt – er ist mit Trainer Babbel eng befreundet.
Berlin (Tsp) – Einen solchen Anruf bekommt man nicht alle Tage. Selbst als Frontmann der Toten Hosen nicht. „Hier ist der Babbel-Markus“, hörte Campino die Stimme auf seinem Anrufbeantworter sagen, „ich habe ja bisher bei den Bayern gespielt, das hat dir bestimmt nicht so gefallen.“ Campino wurde neugierig. Was kam jetzt? „Naja, nun bin ich bei deinem Lieblingsverein. Wenn du magst, komm mich doch mal besuchen!“ Ende der Nachricht.
„Er hatte meine Nummer von Thomas Linke bekommen“, erklärt Campino die Kontaktaufnahme des damaligen Fußballprofis, der gerade zum FC Liverpool gewechselt war – seit jeher der erklärte Lieblingsverein des Düsseldorfer Punkrockers.
Er rief zurück, die beiden verabredeten sich in Liverpool. „Es ist eine wirkliche Freundschaft daraus geworden, wir haben uns auf Anhieb verstanden“, sagt Campino. „Mich hat unheimlich beeindruckt, wie geradeheraus Markus ist. Mir war sofort klar, warum er in England so beliebt war.“
Ehrliche Fußballer mögen sie auf der Insel. Und Ehrlichkeit schätzen der Musiker und der Fußballspieler auch aneinander. Über die Zeit, als Babbel an einer schweren Nervenkrankheit litt, sagt Campino: „Das ist in Freundschaften ein guter Moment, sich zu zeigen, dass es um mehr geht als um oberflächliches Geplänkel.“ Ansonsten verbinde die beiden eine „völlig normale Freundschaft“, man redet natürlich auch viel über Musik und Fußball, „das sind ja unsere Spezialthemen“. Wobei, sagt Campino, dessen Zweitverein Fortuna Düsseldorf ist, „wir sind uns bei der Musik in vielen Dingen näher als in manchen Fußballfragen“.
Womit wir beim Thema wären. Heute (13.30 Uhr) trifft Hertha BSC nämlich auf Fortuna Düsseldorf. Für Campino ist das „die schwierigste Begegnung der Saison“. Zum einen, weil er nicht selbst im Stadion sein kann, sondern im Tonstudio festsitzt. Zum anderen, weil sich der 48-Jährige eigentlich zweiteilen müsste. „Für mich ist völlig klar, dass ich mit dem Verein sympathisiere, bei dem Markus beschäftigt ist“, sagt er.
Doch das läuft natürlich auch gegen die eigene Liebe zur Fortuna aus seiner Heimatstadt. Campino versucht es mit einem Verweis auf das Hinspiel, das Hertha am zweiten Spieltag 2:1 in Düsseldorf gewann: „Fortuna hat alles getan, um Hertha einen guten Start zu ermöglichen. In Düsseldorf sähe man das als Zeichen des Respekts, wenn Hertha jetzt etwas zurückgeben würde.“
Einfach ist das alles aber nicht. Das Interesse für die Hertha ist bei dem Rheinländer, der in Berlin eine Wohnung hat und dessen Sohn in der Hauptstadt lebt, sprunghaft gestiegen, seit sein Freund Babbel im vergangenen Sommer den Vertrag als Cheftrainer beim Bundesliga-Absteiger unterschrieb. „Man kann den Verein als Fan ja nicht wechseln“, sagt Campino. „Aber das ändert nichts daran, dass ich nicht genauso mitfiebere und leide mit den Jungs.“ Herthas Auswärtsspiele verfolge er vor dem Liveticker, sagt er. Seinen Sohn nimmt er mittlerweile ins Olympiastadion mit. „Das ist ein helles Kerlchen“, sagt der Vater, „er ist völlig ohne meinen Einfluss überzeugter Liverpool-Fan und Hertha-Sympathisant.“ Das sei ohnehin kein großes Dilemma, fügt er lachend hinzu, weil die beiden Klubs ja auf absehbare Zeit erst einmal nicht mehr gegeneinander spielen würden.
Bei aller derzeitigen Sympathie für die Blau-Weißen ist aber klar: Eine neue Hertha-Hymne wird es aus der Feder des Toten-Hosen-Sängers nicht geben. „Das kann niemand von mir verlangen“, sagt er mit Verweis auf seine Treue zum FC Liverpool. „Nur für die würde ich was schreiben – aber die haben ja schon genug gute Lieder.“
Mit Markus Babbel trifft er sich, wann immer es der volle Terminplan der beiden eben zulässt. Ursprünglich wollte Campino dem Neu-Berliner auch das Nachtleben der Stadt näher bringen. Daraus ist bislang nicht viel geworden. „Ich erlebe den Markus hier in Berlin als sehr, sehr konzentriert auf seinen Job“, sagt der Musiker. „Alles, was mit einer großen Sause zu tun hat, müssen wir auf den Zeitpunkt verschieben, wenn der Aufstieg gesichert ist.“ Das liege auch daran, dass bei den Berliner Medien „die Lunte kurz“ sei. „Es herrscht ein unwahrscheinlicher Druck auf allen Beschäftigten. Ich finde das eher hinderlich.“
Vor dem Heimspiel gegen Düsseldorf lastet der Druck aber nicht nur auf Babbel und seiner Mannschaft. Für eine der beiden Seiten will sich Fortuna-Fan Campino aber nicht entscheiden. „Mit einem Unentschieden könnte ich ganz gut leben“, sagt er ausweichend, „wenn dadurch das Thema Aufstieg für Hertha nicht negativ beeinflusst wird.“ Sein Tipp? „Ein 2:2 oder 3:3 wäre für die Leute natürlich super.“ Sein gutes Verhältnis zu Herthas Trainer aber, das steht fest, wird unter dem Ergebnis sicher nicht leiden. „Eine Freundschaft ist eine intensivere Sache“, sagt Campino, „das hat mit einem Verein gar nichts zu tun.“