Iniesta, der Entscheider

– Europas bester Fußballer ist das Mastermind hinter Spaniens und Barcelonas Erfolgen

Monaco (dapd). Es war einer dieser Iniesta-Pässe, die das EM-Finale eröffneten. Eines dieser Zuspiele, die wie an der Schnur gezogen über den Rasen sausen, an zwei, drei Gegenspielern vorbei, genau der richtige Winkel, genau die richtige Geschwindigkeit, als habe der blasse Mann zuvor mit Geodreieck und Zirkel das Spielfeld vermessen. Dafür ist aber natürlich keine Zeit. In nicht mehr als Sekundenbruchteilen berechnet Andres Iniesta die nächste Aktion, die fast immer die richtige ist.

Der 28-Jährige ist das Mastermind hinter den Triumphen der spanischen Nationalelf und des FC Barcelona. Oft ist Lionel Messi Nutznießer von Iniestas Präzision, doch weil der für Argentinien spielt, war es im Endspiel gegen Italien Cesc Fabregas, der den Ball vor der Grundlinie erlief, zurück auf David Silva flankte, der das wohl schönste Tor des Turniers vollendete. Zwei Jahre zuvor war es Iniesta gewesen, der das WM-Finale gegen die zähen Niederländer in der Verlängerung entschied.

Schon da war er längst viel mehr als der farblose Antiheld, für den man ihn lange Zeit halten konnte. Das Siegtor von Johannesburg war eine Demonstration der Technik und des Willens dieses Mannes, Ball angenommen und volley abgeschlossen, eine perfekt ausgeführte Blitzentscheidung.

Ronaldo und vor allem Messi waren die Favoriten für die Wahl im Grimaldi-Forum in Monaco, sie schossen sich in der Liga und der Champions League spektakulär zu neuen Rekordmarken. Doch die Juroren kürten Iniesta zum Gewinner, man kann es eine verfrühte Auszeichnung für das Lebenswerk nennen, für unermüdliche Feldvermessung im Dienste des Fußballs.

Stadien, Straßen und Hunde

– Wie sich die Ukraine auf die Fußball-EM vorbereitet

Berlin (dapd). In Lwiw wurde vorletzte Woche das letzte der vier ukrainischen EM-Stadien eröffnet. Für den feierlichen Anlass hatten die Veranstalter eine Perle der westlichen Kultur verpflichtet: Die amerikanische Popbardin Anastacia schmetterte ihre größten Hits.

Die Blickrichtung geht gen Westen, sieben Monate vor dem Fußball-Großereignis Europameisterschaft, das die Ukraine zusammen mit Polen ausrichtet. „Es ist ein geopolitisches Projekt“, sagt der ukrainische Turnierdirektor Markijan Lubkiwski, und weist daraufhin, er sehe das schon als früherer Diplomat so: „Ich vergleiche die Rolle der UEFA mit der EU, sie bringt uns näher an Europa.“

Die Offiziellen machen keinen Hehl daraus, dass die Co-Organisation des weltweit zweitgrößten Fußball-Events eine Herkules-Aufgabe ist. „Es ist relativ einfach, eine EM in gut entwickelten Ländern wie Österreich oder der Schweiz zu organisieren“, sagt Lubkiwski. „Für uns ist es eine doppelte Aufgabe. Wir müssen uns auch in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ändern.“

Endlich positive Schlagzeilen nach „Verfehlungen“

Sieben Monate vor Turnierbeginn haben die Ukrainer mit der Fertigstellung aller Arenen den wichtigsten Teil der EM-Projekte geschafft – anders als die Polen, die immer noch am Nationalstadion von Warschau werkeln. Das nimmt man weiter östlich gerne zur Kenntnis.

Die Ukraine sorgt endlich einmal für positive Schlagzeilen. In den vergangenen Monaten waren neben den schleppenden Baumaßnahmen hauptsächlich die marodierenden Hooligan-Horden und die bestialische Tötung von Straßenhunden Thema in westlichen Medien. „Wir kämpfen gegen viele Vorurteile, die entstanden sind, ohne dass die Leute selber da waren“, sagt UEFA-Cheforganisator Martin Kallen.

Der Schweizer gibt jedoch offen zu, dass es „Verfehlungen“ gab beim Thema Straßenhunde. Tierschutzverbände hatten darauf hingewiesen, dass streunende Hunde teilweise in mobilen Krematorien lebendig verbrannt würden. Die UEFA hatte ursprünglich die Ukrainer in dieser Frage unterstützt, sogar einen „kleineren Geldbetrag“ überwiesen, wie Kallen sagt. Nur die Art und Weise, wie das Hundeproblem dann vor Ort in Angriff genommen wurde, war dann gar nicht im Sinne des Ausrichters – jede Menge schlechte PR die Folge. Die UEFA habe sich mit allen vier Bürgermeistern und der ukrainischen Regierung in Verbindung gesetzt. „Wir haben auf das Problem hingewiesen, mehr steht nicht in unserer Macht“, sagt Kallen.

Mit manchem muss sich Kallen einfach abfinden. Zum Beispiel damit, dass die Autobahn-Projekte wegen Staats- und Wirtschaftskrise gar nicht erst begonnen wurden. Der EURO-Tourist bereist die Ukraine daher auf „vierspurigen Schnellstraßen“, die lediglich einen neuen Belag bekommen. Die Tausende Kilometer in die östlichen Städte Donezk und Charkiw werden die Fans ohnehin fliegen müssen. Landebahnen und neue Terminals sollen rechtzeitig fertig werden.

„Hooligans werden kein Problem sein“

Kallen muss auch darauf vertrauen, dass hinter den guten Worten mehr steckt als eine Beschwichtigungstaktik. „Hooligans werden kein Problem sein in den ukrainischen Stadien“, sagt etwa Turnierdirektor Lubkiwski. Natürlich gebe es Rivalitäten zwischen den Klubs, „aber wenn es um die Unterstützung der Nationalmannschaft geht, ist die Stimmung freundlich.“ Und wenn doch Übeltäter im kommenden Sommer auf der Bildfläche erscheinen sollten, beinhalte das ab 1. Januar gültige neue Gesetz alles Nötige. „Wir werden bereit sein, falls Hooligans auftauchen.“

In der verbleibenden Zeit wird vor allem „operativ“ getestet. Neu ist in der Ukraine zum Beispiel das hierzulande längst gängige Sicherheitssystem mit privaten Ordnern im Stadion, man sammelt gerade erste Erfahrungen: Bei den Eröffnungsfeiern in Kiew und Lwiw, und nun auch beim Länderspiel gegen Deutschland am Freitag (20.45 Uhr).

Bei manchem können die Organisatoren dann aber wirklich nichts machen. „Wir brauchen ein bisschen Glück mit der Auslosung“, sagt Kallen. Am 2. Dezember in Kiew stellt sich heraus, wie attraktiv die Anreise für die Fangruppen wird. Das benachbarte Russland in einer der beiden Gruppen in der Ukraine, die Deutschland-Gruppe in Polen, Schweden in der Danziger Gruppe C – das wäre Kallens Traumszenario. Dann werden die Fans in Scharen kommen, aus dem Osten wie aus dem Westen.

Jeder Tag zählt

– Ein Jahr vor dem EM-Start hat Veranstalter Polen noch viele Aufgaben vor sich – Probleme beim Stadionbau und mit Fan-Gewalt

Berlin (dapd). Die guten Vorsätze gibt es seit über vier Jahren. „Wir werden bereit sein“, hatte der polnische Verbandspräsident Michal Listkiewicz im April 2007 gesagt, unmittelbar nachdem UEFA-Präsident Michel Platini einen Zettel hochgehalten hatte, auf dem die Ausrichter der Fußball-Europameisterschaft 2012 geschrieben waren: „Ukraine and Poland“.

„Wir schaffen das“, sagte am Dienstag auch Tomasz Zahorski, ein Vertreter des Managements im Büro „PL 2012“, das die EM 2012 vorbereitet. Auf einer Pressekonferenz in Berlin versicherte Zahorsky, der Stand der Planungen und Baumaßnahmen sei nicht so bedrohlich, wie öffentlich dargestellt: „Ich bin überzeugt, dass ein Jahr vor dem Turnier die Situation von Polen wirklich gut ist – auch im Vergleich zu anderen Turnieren in der Vergangenheit.“ Doch daran zweifeln immer mehr Beobachter. Von den vier polnischen EM-Stadien ist zwölf Monate vor dem Eröffnungsspiel nur das Stadion Miejski in Posen fertiggestellt – die anderen Arenen konnten die Organisatoren nur per Computer-Animation im fertigen Zustand an die Wand werfen.

„Wir lassen uns nicht erpressen“

In Danzig musste das für diesen Donnerstag geplante Eröffnungsspiel der EM-Arena zwischen Polen und Frankreich abgesagt werden. Es wird nun in Warschau stattfinden, allerdings nicht im neuen Nationalstadion, das ebenfalls noch nicht bezugsfertig ist. Zahorsky gab sich betont kämpferisch: „Wir lassen uns nicht vom Termindruck erpressen. Wir wollen sichere Stadien bauen und müssen auch die öffentlichen Finanzen im Auge behalten.“

Ob das Länderspiel Polen-Deutschland am 6. September im neuen Warschauer Nationalstadion stattfinden kann, ist ebenfalls fraglich, nachdem fehlerhafte Treppenstufen entdeckt wurden. „In Warschau haben wir noch einige Probleme“, sagte UEFA-Cheforganisator Martin Kallen der dapd Nachrichtenagentur. „Wie lange die Fertigstellung da verzögert wird, ist noch unklar“.

Laut Zeitplan der UEFA sollten ein Jahr vor Beginn der Endrunde eigentlich alle Stadien bereits fertiggestellt sein. Problematisch ist vor allem, dass nun deutlich weniger Zeit für Sicherheitstests und weitere Vorbereitungen in den Stadien bleibt. „Die Luft wird ein bisschen dünner, das Ganze zu testen und operativ auf seine Qualität hin zu untersuchen“, sagte Kallen.

Veranstalter bestreiten „Plan B“

Einen „Plan B“ gibt es nach übereinstimmenden Angaben von polnischen Organisatoren und UEFA nicht. „Die EM-Stadien werden schon fertig, es geht nur um das wann genau“, sagte Kallen. „Es gibt keine Notlösung, keine Alternative mehr so kurz vor dem Turnier“, bestätigte Zahorsky.

Bei der Veranstaltung in einem Berliner Hotel ging es den Beteiligten vor allem darum, gute Miene zu den bösen Verzögerungen zu machen, die neben den Stadien auch die Infrastruktur von Deutschlands Nachbarland betreffen, wo zur EURO 2012 rund eine Million Fußball-Touristen erwartet werden. „Rund 80 Prozent der über 200 Investitionen werden nach Plan realisiert“, sagte Zahorsky. Doch die Lage ist ernst. Vergangene Woche hatte sogar Polens Premierminister Donald Tusk, ein begeisterter Fußball-Fan und Freizeit-Kicker, Druck auf unzuverlässige Baufirmen ausgeübt.

„Gewisse Teilabschnitte werden nicht fertig werden“, gab UEFA-Organisator Martin Kallen zu. Dennoch würden auch die gebauten Abschnitte bereits „große Fortschritte“ bringen. Konkret zur stockenden Autobahn A2 zwischen Berlin und Warschau befragt, sagte der polnische Planer Tomasz Zahorski: „Das ist keine Investition, von der der Erfolg der EM abhängt. Im Dezember 2011 wissen wir, wer wo spielt. Dann können wir, wenn nötig, alternative Verkehrspläne ausarbeiten.“

Problem Hooligans

Ein weiteres Problem ist die Gewaltbereitschaft eines Teils der polnischen Fußball-Zuschauer – ganz entgegen dem für die EM ausgerufenen Slogan „freundliches Polen“. Erst Anfang Mai hatten nach dem polnischen Pokalfinale zwischen Lech Posen und Legia Warschau Hooligans beider Vereine den Rasen des Stadions in Bydgoszcz gestürmt. Im März randalierten polnische Fans im litauischen Kaunas. „Wir stehen unter dem Eindruck der beiden Vorfälle“, sagte Piotr Golos, Öffentlichkeitsbeauftragter des polnischen Fußballverbandes. Sie seien allerdings in älteren, teils maroden Stadien passiert. „In modernen Stadien verhalten sich die Menschen anders“, so Golos weiter.

Die jüngsten Ausschreitungen hätten eine „übermenschliche Mobilisierung aller Behörden“ in Polen zur Folge gehabt. Vergangene Woche verabschiedete die polnische Regierung ein Gesetz, in dem unter anderem Stadionverbote und Sammelverfahren sowie Geldstrafen für bewaffnete und vermummte Fußball-Fans verankert sind. Wie effektiv die längst überfälligen Maßnahmen sein werden, bleibt abzuwarten.

Die Verzögerungen beim Stadionbau bleiben dagegen das größte Problem. Von der UEFA gibt es verhaltenen Optimismus: „Wir glauben, dass wir das Turnier durchführen können“, sagte OK-Chef Martin Kallen. „Aber es gibt jeden Tag noch sehr viel zu tun. Wir können uns nicht auf irgendwelchen Lorbeeren ausruhen.“