Mehr David gegen Goliath geht nicht

– APOEL Nikosia empfängt Real Madrid im Champions-League-Viertelfinale

Berlin/Nikosia (dapd). Der Tüchtige wird manchmal nicht mit Glück belohnt. Alle, nur bitte nicht Barcelona oder Real, hatte Gustavo Manduca noch gesagt an diesem freudetrunkenen Achtelfinal-Abend vor drei Wochen, „die will doch keiner.“ Aber jetzt muss APOEL Nikosia da eben durch. Real Madrid kommt nach Zypern, am Dienstag (20.45 Uhr) steigt im GSP-Stadion in der Hauptstadt der Mittelmeerinsel das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League.

Das ist, unterm Strich, ja dann doch eine ziemlich feine Sache.

„Das ist der Gipfel der Klubgeschichte“, präzisiert der Vereinssprecher, der auf den klangvollen Namen Panikos Hatziliasis hört. Der Name seines Arbeitgebers war bis vor dieser Saison eher weniger klangvoll, ja, es war sogar ein klassischer No-Name.

Und jetzt Real. Mehr David gegen Goliath geht ja schon gar nicht mehr zu diesem Zeitpunkt, da Europas Spitze auf acht Teams zusammengeschmolzen ist. APOEL gegen Real, das ist: 15 Millionen gegen 500 Millionen Euro Marktwert. Oder auch: UEFA-Ranglistenplatz 62 (vor der Saison 125) gegen fünf. Und weil’s so schön ist: Nikosias Goalgetter Manduca wird vom Internetportal transfermarkt.de auf 1,1 Millionen Euro taxiert. Sein Pendant Cristiano Ronaldo holte Real einst für 94 Millionen.

Natürlich ist auch das Stadion von echtem Davidformat. Nicht mal 23.000 Menschen passen rein, in diesen Hexenkessel ohne Deckel. Aber, hätten sie seit Bekanntgabe der Auslosung fix das Bernabeu-Stadion mit all seinen 80.000 Schalensitzen dekonstruiert und auf Zypern wieder aufgebaut, sie hätten es auch vollgemacht.

Auch so wird wieder einiges los sein. Zyprer haben heißes Blut. Ein paar Mittelgroße haben das schon zu spüren bekommen, Zenit St. Petersburg (1:2), der FC Porto (auch 1:2) und zuletzt im Achtelfinale Olympique Lyon (3:4 nach Elfmeterschießen). „Wir sind ein kleiner Klub in Europa, aber wir haben ein großes Herz“, sagt der serbische Trainer Ivan Jovanovic. Seine Spieler wollen nun den ersten ganz dicken Brocken versetzen – ein paar Zentimeter, das würde ja schon reichen. Vielleicht ein Unentschieden, so wie es ZSKA Moskau unlängst geschafft hat. Die Russen haben in der Nachspielzeit noch das 1:1 erzielt gegen die zugegebenermaßen da schon etwas verträumten Königskinder aus Spanien.

Und was am Montag aus Madrid hervordrang, klang durchaus nach ein bisschen mehr als den üblichen Anstandsgesten. „Wir können da kein lockeres Spielchen hinlegen. Wir haben großen Respekt vor APOEL, weil sie eine gute Gruppenphase hingelegt haben“, sagte Sami Khedira. Auch der sonst so selbstbewusste Real-Coach Jose Mourinho geht davon aus, „dass uns diese Mannschaft vor eine harte Aufgabe stellen wird“.

Dabei hatten sich die Madrider am vergangenen Wochenende nach zuvor zwei Unentschieden mit einem standesgemäßen 5:1 gegen San Sebastian warmgeschossen. 95 Tore hat dieser fulminante Angriff alleine in der Liga erzielt, 35 davon Ronaldo. Noch Fragen? Lieber nicht. APOEL begnügte sich dagegen mit einem 0:0 im Stadtduell gegen Omonia. Kräfte sparen vor dem ungleichen Zweikampf.

Mit Ailton an die Spitze

– APOEL Nikosia überrascht Europas Elite – Erster vor Zenit und Porto

Berlin/Nikosia (dapd). Zuhause sind sie schon lange eine Macht. Ihr Name hallt klangvoll wider, von Paphos bis Famagusta. 21 Mal schon haben die Fußballer von Apoel Nikosia die zyprische Meisterschaft gewonnen, und es könnte gut sein, dass im Sommer Titel Nummer 22 dazukommt. Doch vielleicht brechen sie noch ein, die Spieler von Trainer Ivan Jovanovic, denn sie leisten derzeit geradezu Unglaubliches als Gruppenerster in der Champions League und tun dies unter Umständen auch im kommenden Frühjahr noch – das wiederum wäre neu.

Am Dienstag haben sie den Europa-League-Sieger FC Porto geschlagen, auf ganz wunderbare Weise. In der 89. Minute hatte Portos Superheld Hulk per Elfmeter den lange erwarteten Ausgleich für den Favoriten erzielt. Doch dann ließen die lässigen Portugiesen die flinken Zyprer noch einmal kontern, und Gustavo Manduca vollendete einen messerscharfen Konter zum Siegtreffer. „Das ist sicherlich einer der wichtigsten Momente in der Geschichte dieses Teams“, sagte Coach Jovanovic. APOEL Nikosia ist nach vier Spielen Spitzenreiter der Gruppe G. Mit acht Punkten knapp vor Zenit St. Petersburg (7) und dem FC Porto (4). „Das ist wirklich ein historisches Resultat für den Klub“, sagte Jovanovic.

Umgeben von 22.000 Verrückten

Keiner hatte sie auf dem Zettel, natürlich nicht. Nikosia? Zypern? Wie soll man als europäisches Spitzenteam die Reise auf die ferne Insel auch ernst nehmen? Ein kurzer Trip in die Sonne, verziert mit drei Punkten und einer hübschen Prämie. Mehr nicht. Und plötzlich ist man von 22.000 Verrückten umgeben.

„Sie haben gezeigt, dass sie zu den besten Fans der Welt gehören“, schwärmte Manduca. „Sie haben uns 90 Minuten lang nach vorne getrieben, gesungen und daran geglaubt, und sie haben uns das spüren lassen.“ Nach dem Schlusspfiff tanzten die kanariengelben APOEL-Spieler dann zusammen mit ihrem treuen Anhang.

Schlüssel zum Fußballwunder Marke „Gallisches Dorf“ ist zum einen eine gesunde Selbsteinschätzung: „Wir wissen wer wir sind, wir kennen unsere Gegner, wir haben großen Respekt vor Porto, Zenit, Schachtjor“, sagte Jovanovic (was bei besagten Gegnern umgekehrt nicht unbedingt der Fall sein dürfte). „Wir haben viel Selbstvertrauen und gehen in diese Spiele, um zu zeigen, zu was wir fähig sind.“

Zum anderen ist der athletische Fußballklub der Hellenen aus Lefkosia, kurz: APOEL, auf fast erschreckende Weise effizient: Zwei Torschüsse reichten zum 2:1-Sieg gegen Porto. Vorne hilft nicht der liebe Gott, sondern einer, dessen Name für Spektakel spricht: Ailton. Der Namensvetter des ehemaligen Bundesliga-„Kugelblitzes“ ist Brasilianer, 27 Jahre alt, war vorher beim FC Kopenhagen, davor in Schweden. In diesem Jahr kommt er bislang auf sieben Tore in neun Champions-League-Einsätzen, Qualifikation mitgerechnet. „Wir haben viel geleistet, um unsere Punkte zu holen. Wir verdienen es, hier zu sein. Wir haben große Qualität als Team gezeigt“, stellte Ailton fest.

Gegen Wisla schon so gut wie draußen

Dabei schien es vorbei zu sein, bevor es anfing: Im Qualifikations-Playoff gegen Wisla Krakau waren die athletischen Hellenen nach dem 0:1 im Hinspiel und beim Stand von 2:1 im Rematch ausgeschieden, als Ailton, wer sonst, in der 87. Minute das Tor zum großen Geld aufstieß. In der Gruppenphase folgen die Ergebnisse bislang der goldenen Regel: 2:1 zuhause, 1:1 auswärts. Wenn das so weiter geht, steht dem Achtelfinale nichts mehr im Wege – es ist ohnehin nur noch ein Sieg aus den letzten beiden Spielen nötig.

Der nächste Gegner aber könnte für das Ensemble der Brasilianer, Portugiesen und Zyprer der schwerste sein. Am 23. November geht es in St. Petersburg gegen Väterchen Frost. Für das kommende Ligaspiel am Samstag sind dagegen erst einmal wohlige 20 Grad und Sonnenschein angesagt. Der Gegner heißt übrigens Nea Salamis und kommt aus Famagusta.