Tiger im Vollmond

– Falcao schießt Atletico zum Supercup-Sieg und stiehlt Torres die Show

Monte Carlo (dapd). Viel war geredet worden vor dem UEFA-Supercup in Monaco, am meisten über den Spanier Fernando Torres, der als Stürmer des FC Chelsea gegen seinen Heimatverein Atletico Madrid antreten musste. Wie und ob er ein Tor bejubeln würde, wollten beispielsweise alle wissen, und was ihm dabei durch den Kopf gehen würde. Dabei hätte man auch auf die nächstliegende Geschichte kommen können: Radamel Falcao, Angreifer von Atletico, macht den Abend zu seiner Show.

Während Torres in 93 Minuten Bruttospielzeit nicht einen Schuss aufs Tor brachte, hatte Falcao, genannt ‚El Tigre‘, der Tiger, beim 4:1 (3:0)-Triumph des Europa-League-Siegers zur Halbzeit sein Beutesoll schon übererfüllt. Drei Tore erzielte er allein in der ersten Hälfte. Der kolumbianische Tiger hatte Chelseas verdatterte Abwehr mit seinen Teamkollegen schlichtweg überrannt, mit ebenso geschmeidigen wie kraftvollen Attacken. „Wir sind nie ins Spiel gekommen, das war das Enttäuschendste“, sagte der Coach der Londoner, Roberto Di Matteo. Sein Kollege Diego Simeone war im positiven Sinne „sprachlos“ angesichts der nächsten grandiosen Leistung des 26-jährigen Kolumbianers in einem Endspiel.

„Was Radamel macht, ist unbeschreiblich“, sagte Simeone. „Je höher man die Latte legt, desto höher kommt er. Aus all dem Druck bezieht er seine ganze Stärke.“ Di Matteo seufzte nur, als die obligatorische Frage nach Falcaos Leistung kam: „Ach, das wussten wir doch vorher. Wir haben davor gewarnt. Und dann macht er wieder solch ein Spiel.“

Nahe liegend war diese Story übrigens deshalb, weil Falcao eine Art südamerikanische Deluxe-Version von dem früheren Karlsruher Europapokal-Helden Edgar „Euro-Eddy“ Schmitt ist. Er ist Mr. Europacup, oder besser: Mr. Europacup-Endspiel. 2011 schoss er den FC Porto mit dem Rekord von 17 Toren zum Europa-League-Sieg, im Finale erzielte er das einzige Tor. In diesem Jahr dann Atleticos Triumph in Bukarest mit Falcaos Wettbewerbstoren elf und zwölf, von denen er das erste, einen wunderbaren Schlenzer, nun quasi als glänzende Kopie unter dem Vollmond von Monaco noch einmal vorlegte. Es war dennoch schwierig zu entscheiden, welches das schönste Tor des Abends war, denn Falcaos Führungstreffer war ein nicht weniger sehenswerter Lupfer an den Innenpfosten.

„Zum Glück haben wir am 31. gespielt und nicht am 25.“, sagte Simeone. Er meinte: Sonst hätte ihm doch noch jemand seinen besten Mann weggekauft vor Schluss der Transferperiode. An Interessenten hat es nicht gemangelt, auch aus England. „Atletico Madrid hat viel Aufwand betrieben, mich im Kader zu halten“, sagte Falcao. „Mal sehen, was in der Zukunft passiert, aber jetzt gebe ich all meine Energie für Atletico“, sagte Falcao am Freitag. Er kennt die Regeln des Geschäfts.

Bis zum Winter aber wird er definitiv bleiben in der spanischen Hauptstadt, von der auch Torres einst auszog auf die große Fußball-Insel. Eines Tages steht vielleicht auch Radamel Falcao seinem alten Klub im fremden Leibchen gegenüber. Dann wird er bei der Begrüßung sicher einen ebenso herzlichen Applaus von den Atletico-Fans bekommen wie Torres am Freitag. Denn der Anhang weiß: Der Tiger hat schon mehr als genug Beute gemacht.

Ein Wiedersehen zum Jubiläum

– Kloses 80. internationaler Vereins-Einsatz bei Europa-League-Spiel gegen Atletico Madrid mit Diego

Berlin/Rom (dapd). Im Kabinengang des Römer Stadio Olimpico werden sich am Donnerstagabend zwei Spieler besonders herzlich begrüßen. Gemeinsam haben sie schon die eine oder andere Schlacht im Europapokal geschlagen: Miroslav Klose, Lazio Rom, trifft in der ersten K.o.-Runde der Europa League auf seinen alten Bremer Weggefährten Diego, Atletico Madrid.

Für Klose ist das Hinspiel in Rom sein 80. internationaler Einsatz. Zu einem Titel jedoch hat es bislang nicht gereicht, weder mit Kaiserslautern noch mit Bremen oder Bayern.

Ein paar Mal war der heutige Lazio-Angreifer immerhin schon nah dran. Mit den Bayern stand er 2010 im Champions-League-Finale gegen Inter Mailand, kam jedoch erst nach dem 0:1 ins Spiel und konnte die 0:2-Niederlage dann auch nicht verhindern. Zum Erreichen des Endspiels hatte er nur ein Tor beigetragen, dafür ein wichtiges: Den 2:1-Siegtreffer gegen Florenz, der am Ende den Ausschlag gab fürs Weiterkommen im Achtelfinale.

27 Treffer hat Klose bislang in den beiden europäischen Wettbewerben erzielt, die ja eigentlich drei sind. Denn als der junge Stürmer im Herbst 2000 seine ersten internationalen Spiele bestritt, hieß die Europa League bekanntlich noch UEFA-Cup. Mit zwei Treffern in Saloniki und einem blitzsauberen Tor beim 3:0 gegen Glasgow brachte der damals 22-Jährige seine Karriere beim 1. FC Kaiserslautern in Schwung. Erst im Halbfinale war gegen Deportivo Alaves Schluss. Wie sieben Jahre später auch mit den Bayern gegen Zenit St. Petersburg.

Als Kloses schlimmster Tag im Europacup darf aber jenes Halbfinal-Rückspiel mit Werder Bremen gegen Espanyol Barcelona am 3. Mai 2007 gelten. Nach dem 0:3 im Hinspiel schien Hugo Almeida mit seinem frühen 1:0 den Boden für ein weiteres „Wunder von der Weser“ bereitet zu haben. Dann flog Klose vom Platz. Gelb-Rot. In der 19. Minute. Wegen einer Schwalbe. Mit der Mischung aus seinem Übereifer und dem mangelndem Fingerspitzengefühl des Referees gewissermaßen eine Vorwegnahme seines Platzverweises gegen Serbien im WM-Spiel 2010.

Diego lobt Klose

Doch zurück in die Gegenwart. Diego, der damals gegen Espanyol ebenfalls auf dem Platz stand, ist mittlerweile also selbst in Spanien gelandet. Mit Atletico ist er allerdings noch nicht so recht in Tritt gekommen. In den letzten drei Ligaspielen gelang den Madrilenen nur ein eigenes Tor. In der mit Udinese Calcio, Celtic Glasgow und Stade Rennes durchaus gut bestückten Europa-League-Gruppe setzte man sich allerdings klar durch. Da tat sich Lazio deutlich schwerer, allerdings meist ohne Klose, der nur zu zwei Einsätzen über mehr als 45 Minuten kam.

Vor dem Wiedersehen lobte der Brasilianer den Deutschen: „Ich kenne Miro gut. Er ist in der Lage, mit einer Einzelaktion die Partie zu entscheiden. Seine Dynamik und Schnelligkeit sind immer noch außergewöhnlich“, wurde Diego im „Corriere dello Sport“ zitiert, der Kloses Stellenwert für Lazios Europa-Ambitionen klar umriss: „Die Hoffnungen der Römer auf ein Weiterkommen klammern sich an die Treffer von seinem deutschen Ass. Klose ist Symbol, Vorbild und Ausnahmespieler einer hungrigen Elf in Liga und Europa.“

Da kann es nicht schaden, dachten sich wohl die Spanier, sich noch ein bisschen zusätzlichen Beistand zu sichern. Am Mittwochmorgen sicherte sich der Atletico-Tross daher im Vatikan eine Audienz plus Gruppenfoto mit Papst Benedikt.