Wie ein Hurrikan

– „Booster“-Skandal um Miamis Football-Team erschüttert amerikanischen College-Sport

Berlin/Miami (dapd). Exzessiver Luxus, Nachtclubs, Prostitution und Abtreibung – schon für sich alleine genommen verspricht jedes dieser Schlagworte in den USA eine interessante Debatte. Wenn sie alle zusammen in einem Enthüllungsartikel auftauchen, dazu noch in Verbindung mit dem College-Sport, dem heißgeliebten Darling von „Average Joe“, dem amerikanischen Durchschnittsbürger – nun, dann bricht ein wahrer Wirbelsturm los.

Im Auge dieses Orkans befinden sich passenderweise die Hurricanes, so nennt sich das Football-Team der Universität von Miami, fünffacher nationaler Champion. Losgebrochen ist er am Dienstag, als die Webseite „Yahoo! Sports“ einen umfassenden Artikel veröffentlichte, der offenlegt, dass ein „booster“, also ein wohlhabender Gönner und Spender der Sportprogramme der Uni, über Jahre hinweg Athleten, die offiziell Amateurstatus haben, mit Luxus-Geschenken und umfangreichen Prämienzahlungen überhäuft hat. Das verstößt massiv gegen die Ethik-Grundsätze des College-Sports.

72 Footballer will Shapiro bespaßt haben

Nevin Shapiro, so der Name des schwerreichen Übeltäters, sitzt derzeit im Gefängnis, weil er ein Schneeballsystem mit einem Gesamtwert von knapp einer Milliarde Dollar betrieben haben soll. Hinter Gittern packte der „booster“ aus. Auf Basis von 100 Interviewstunden und elf Monaten Recherche hat „Yahoo! Sports“ in dieser Woche Shapiros Zuwendungen an die Sportler, vornehmlich Football-Spieler, aufgelistet: „Bargeld, Prostituierte, Vergnügungen in seinen Multi-Millionen-Dollar-Häusern und auf seiner Yacht, Besuche in Restaurants und Nachtclubs der Oberklasse, Schmuck, Auflaufprämien (sowie Prämien für Verletzungen von Gegenspielern), Reisen und, bei einer Gelegenheit, eine Abtreibung.“

72 Footballer will Shapiro zwischen 2002 und 2010 derart bespaßt haben. Sechs Trainer waren nach seiner Aussage eingeweiht. Die öffentliche Entrüstung der Amerikaner ist riesig, befeuert auch von den zahlreichen, ebenfalls veröffentlichten Party-Fotos von Shapiro mit College-Sportlern. Nicht wenige US-Sportfans schätzen die unter dem Schirm der National Collegiate Athletic Association (NCAA) organisierten College-Ligen als ehrlichen und bodenständigen Gegenentwurf zu den Milliarden-Unternehmen der Profiligen. Doch nach etlichen Regelbrüchen in der jüngeren Vergangenheit ist der Shapiro-Skandal nun der endgültige Beweis, dass dieses Bild weit weg ist von der Realität.

Miami als Wiederholungstäter

„Wenn uns der Skandal rings um Miami irgendetwas lehrt, dann dass die NCAA schon längst das leiseste Anzeichen von Kontrolle verloren hat über ihre Herde und dass ihr Regelwerk besser dazu benutzt würde, um damit Hamsterkäfige auszulegen“, schreibt Lynn Zinser in einem Kommentar für die „New York Times“.

Weil die Universität von Miami nach einem Skandal um das Baseball-Team Ende der 90er Jahre als Wiederholungstäter gilt und von 2003 bis 2005 unter Bewährung stand, macht nun sogar schon das böse Wort von der „Death Penalty“ die Runde. Gemeint ist die Zerschlagung des betroffenen Teams, die es in der Geschichte erst einmal bei einem College-Football-Team gegeben hat.

NCAA-Präsident Mark Emmert sagte der Zeitung „USA Today“, er würde sich nicht gegen diese drakonischste aller Strafen stemmen: „Wir brauchen Strafen, die als effektive Abschreckung wirken. Diejenigen, die Risiken und Vorteile gegeneinander abwägen, sollen wissen, was sie erwartet, wenn sie erwischt werden“, sagte Emmert.

„Kann nichts Schlechtes über ihn sagen“

Die Fans aus Miami sind entsetzt. „Wenn die NCAA das Team killt, werden sich ziemlich viele Leute die Kehle durchschneiden“, sagte Luther Campbell, Rapper und großer Hurricanes-Fan dem „Miami Herald“. Leichtere Strafen sähen unter anderem den Verlust einiger Sportstipendien vor, mit denen die Universitäten die besten High-School-Sportler ködern – oder den Ausschluss auf Zeit von den lukrativen „Bowls“, in denen die besten Football-Mannschaften gegeneinander antreten.

Auch andere Hochschulen sollen betroffen sein. Die namentlich genannten Sportler bestreiten die Vorwürfe. Bernard Thomas, ehemaliger Defensivspieler der Universität von Nebraska, der auf einem Foto mit Shapiro auf einer Yacht posiert, sagte der „Huffington Post“: „Er war cool. Er war ein netter Typ. Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen.“ Und als das Foto aufgenommen wurde, sei er gar nicht mehr auf dem College gewesen. Andre Johnson, Wide Receiver der Houston Texans, sagte knapp: „Der Typ hat Probleme und versucht alle mit runterzuziehen.“ Doch so einfach wird der Wirbelsturm der Entrüstung wohl nicht abflauen.

Teamgeist schlägt Egotrip

– Die Dallas Mavericks haben die selbstgewissen Heat-Stars mit einer tollen Mannschaftsleistung besiegt

Berlin/Miami (dapd). Wie sie da so durcheinander lärmten auf der eilends aufgebauten Bühne mitten im Basketball-Herzen von Miami, wirkten die Spieler der Dallas Mavericks wie ein bunt zusammengewürfelter Haufen, in allen erdenklichen Größen und Kragenweiten. Einige hatten sich schon eines der blütenweißen Sieger-Shirts übergeworfen, „Dallas 2011 NBA Finals Champions“ stand auf der Brust, auf dem Kopf trugen sie passende Schirmmützen. Die Mavericks hatten ihr Tagwerk verrichtet. Der Schweiß der Arbeit glänzte im Scheinwerferlicht auf ihrer Haut.

In den Sekunden bevor sie die wuchtige Goldtrophäe in Empfang nahmen, die die NBA jedes Jahr bei Tiffany’s bestellt, hätten sie auch als Feierabend-Gesellschaft einer x-beliebigen US-amerikanischen Fabrik durchgehen können. Blauer Kragen, Dosenbier, vielleicht später noch ein Streetball-Match.

Die Mavericks sind Gegenentwurf zu Miamis Glitzer-Duo

In den vergangenen Tagen sind die Basketball-Malocher um Vorarbeiter Nowitzki zu einem populären Gegenentwurf des Glitzer-Duos Dwyane Wade und LeBron James geworden, die ihrerseits stets mit zu großen Brillen, viel zu großen Kopfhörern und zu engen Designer-Hemden herumstromern – und sich eher schlecht als recht benehmen. Weil Wade und James mehr für sich selbst statt miteinander spielten, hat Dallas das vierte, fünfte und sechste Spiel der Finalserie gewonnen. Für jeden einzelnen Spieler ist es der erste Siegerring. Für das 1980 gegründete Franchise ebenso.

„Nichts im Leben wird dir geschenkt, man muss für alles hart arbeiten“, sagte Dirk Nowitzki im Interview nach dem Spiel, den Pokal lässig im Arm, und es klang wie ein Seitenhieb gegen James und Wade, die schon während des zweiten Spiels aufreizend vor der Bank der Mavericks gejubelt hatten. Viel zu früh, wie man heute weiß.

Selbst Haudrauf Cardinal traf einen Dreier

In der Serie zwischen Dallas und Miami, die nach drei Spielen bereits zu Gunsten der Heat entschieden schien, hat am Ende der Teamgeist über den Egotrip der Einzelkönner triumphiert. Nowitzki mag die Serie fast im Alleingang ausgeglichen haben, in den letzten beiden Spielen waren es andere, die die entscheidenden Körbe warfen. Jason Kidd zum Beispiel, dieser knorrige 38-Jährige, den man vor Sonntagabend kaum je einmal lächeln sah, versenkte zwei eminent wichtige Dreier.

Man kann die Reihe durchgehen: Jason Terry (27 Punkte), Jay-Jay Barea (15 Punkte und unzählige Powerdribblings), Shawn Marion (12 Punkte, 8 Rebounds), ja selbst der ungestüme Defensiv-Haudrauf Brian Cardinal versenkte an diesem Abend einen Dreipunktversuch. Die Mavericks spielten sich miteinander in einen Rausch und zogen schließlich auch den ausgepowerten Nowitzki mit, der nach drei Punkten zur Halbzeit das Spiel mit 21 Zählern beendete.

Was er mitnehme aus diesen Endspielen, wurde Teambesitzer Mark Cuban gefragt. „Dass die Chemie wichtig ist. Dass es ein Mannschaftssport ist“, sagte er. „Dass man Spieler braucht, die sich vertrauen und dem Coach vertrauen. Das ist ein Prozess, das passiert nicht über Nacht.“ Nach und nach hätten seine Spieler das Konzept von Trainer Rick Carlisle akzeptiert, das die Gemeinschaft über den Einzelnen stellt. „Sie haben gelernt, dass, wenn sie dem System vertrauen und es ausführen, gute Dinge passieren. Keiner war egoistisch. Wenn der Ball weitergepasst werden musste, wurde er weitergepasst. Wenn jemand einen offenen Wurf nehmen musste, nahm er einen offenen Wurf.“

Die Stars der Heat verlieren sich in Phrasen

Auf dem Spielfeld trieben sich die Mavs-Akteure gegenseitig an. „Der Große hatte ein paar Probleme mit seinem Wurf“, sagte Jason Terry über Nowitzkis Schwächephase. „Um ihn wieder an das Wesentliche zu erinnern, habe ich ihm zugeflüstert: ’05/06′. Das ist alles. Mehr musst du ihm nicht sagen.“ 2005/06, das war jene so großartige Saison, die ein so jähes Ende nahm mit der 2:4-Finalniederlage – gegen die Miami Heat. „Jet hat mich wirklich aufgebaut“, sagte Nowitzki. „Wir sind zusammen durch das alles durchgegangen.“

Derweil saßen Dwyane Wade und LeBron James im feinen Zwirn vor den Medienvertretern und verloren sich in Phrasen. James bemühte sich um ein Rechenspielchen: „Ich habe zwei Spiele mehr gewonnen als 2007, vielleicht schaffe ich es, nächstes Jahr zwei Spiele mehr als dieses Jahr zu gewinnen.“ Vor vier Jahren hatte er mit den Cleveland Cavaliers im Finale 0:4 gegen die San Antonio Spurs verloren. Wade sagte betont kämpferisch: „Wir werden diese Niederlage als Motivation benutzen und versuchen wiederzukommen und es zu schaffen.“

Eine Gratulation rang sich Wade dann auch noch ab: „Sie haben ein Championship-Team zusammengestellt, egal wie man es betrachtet.“ Doch selbst damit lag er falsch, denn im Baukasten-Verfahren zusammengestellt wurden im letzten Jahr allenfalls die Miami Heat. Der bunte, chaotische Haufen aus Texas dagegen ist langsam und stetig zusammengewachsen. Bis sich die großen und kleinen Jungs auf der grell beleuchteten Bühne von Miami dann ganz nahe waren.

Der leise Triumphator

– Dirk Nowitzki sucht im Moment des Sieges die Einsamkeit – „Das Team hat mich getragen“

Berlin/Miami (dapd). Als die Schlusssirene durch die Arena dröhnte, trat Dirk Nowitzki die Flucht an. Ohne eine Hand zu schütteln, ohne auch nur einem Teamkollegen in die Augen gesehen zu haben, kletterte der 2,13-Riese über die Begrenzung am Spielfeldrand und stapfte hastigen Schrittes in Richtung Kabine. Kurz bevor er dort ankam, erhaschte die Kamera noch einen Blick in sein Gesicht, es war bis über die Nase unter dem hochgezogenen Trikot verborgen.

Im Moment seines größten Triumphes suchte der deutsche Basketball-Superstar die Einsamkeit. Sein überhasteter Rückzug hätte auch der schmachvolle Abgang eines Verlierers sein können, doch da oben auf dem Videowürfel stand eindeutig: Dallas 105. Und: Miami 95.

Am frühen Pfingstmontagmorgen, als in Deutschland um Viertel vor fünf langsam die Sonne auftauchte, war Dirk Nowitzki angekommen. Eine Woche vor seinem 32. Geburtstag ist der Mann aus Würzburg mit seinem Team, den Dallas Mavericks, Meister in der stärksten Basketball-Liga der Welt. Als anerkannt wertvollster Spieler seiner Mannschaft. Er reiht sich damit ein in die Reihe der größten deutschen Sport-Ikonen. Nowitzki hat nun den Titel, für den er, wie er immer wieder betonte, einzig und allein noch auf dem Parkett stand.

„Dirk Nowitzki ist einer der Größten, die dieses Spiel je gespielt haben, und das hat er heute Abend bestätigt“, sagte sein Trainer Rick Carlisle, der 1986 als Spieler der Boston Celtics und nun als Coach der Mavericks NBA-Meister wurde.

Nowitzki, der die Finalserie gegen die Miami Heat trotz Handverletzung und fiebriger Erkältung dominiert hat und vor allem in den Schlussvierteln groß aufspielte, legte, als er zur Übergabe der Larry-O’Brien-Trophäe wieder aus den Katakomben aufgetaucht war, die für ihn typische Bescheidenheit an den Tag. Er widmete den Pokal seinen Mitspielern und den Fans. „Die Mavs-Nation verdient diesen Titel, sie waren so großartig zu uns im vergangenen Jahr.“

„Das Team hat mich getragen“

Nowitzkis Abend, der im Konfettiregen endete, begann holprig. In der ersten Spielhälfte traf er nur einen von zwölf Würfen aus dem Feld, zusammen mit einem Freiwurf kam Nowitzki damit in den ersten 24 Minuten auf die für ihn indiskutable Ausbeute von drei Pünktchen. „Heute bin ich nicht in meinen Rhythmus gekommen, aber das Team hat mich getragen“, sagte Nowitzki auf dem Siegerpodest.

Nach dem Seitenwechsel war Nowitzki noch entschlossener als zuvor, den Korberfolg zu erzwingen, und verwandelte direkt seinen ersten Wurf. Auch von weiteren Fehlwürfen ließ er sich nicht beeindrucken und traf Mitte des dritten Viertels auch zum ersten Mal von jenseits der Dreipunktelinie.

In der Pause vor dem Schlussviertel, in das die Mavericks mit neun Punkten Vorsprung gingen, meldete sich das deutsche Grüppchen der Nowitzki-Fans zu Wort, das den Weg in die American Airlines Arena von Miami gefunden hatte. „Und wir holen den Pokal, Halleluja“, sangen sie in sicherer Siegesgewissheit. Dallas blieb in Führung. Doch alle warteten gespannt auf die Schlussoffensive der Heat. Sie kam nie.

Auch weil Nowitzki seine zehn Punkte im letzten Viertel vorzugsweise dann einstreute, wenn die Führung der Mavericks unter zehn Zähler zu sacken drohte. Eine Dominanz, wie sie Nowitzki in der Schlussphase von Spiel zwei und vier gezeigt hatte, war in der sechsten Partie gegen die verunsicherten Heat-Stars, die sich nie berappelten, schlicht nicht nötig.

Nowitzki konnte sich auf seine Kollegen verlassen

Als es darauf ankam, konnte sich Dirk Nowitzki auf sein Team verlassen. Auf das Team, das er mit seinen unglaublichen Leistungen erst in diese Situation geführt hatte. „Alle Kritiker haben nur davon geredet, was er nicht kann“, sagte Jason Terry, mit 27 Punkten bester Werfer der Mavericks, über Nowitzkis Rolle. „Aber all die vorherigen Jahre waren nichts im Vergleich zu diesem. Wie er das Team in diesem Jahr getragen hat, war einfach phänomenal.“

Verlass auf die Kollegen war zum Beispiel nach Nowitzkis Ballverlust beim Stand von 94:87, den Tyson Chandler und Jason Kidd sofort in der Defensive ausbügelten. Bei der folgenden Auszeit nickten sich Forward Shawn Marion und Nowitzki mit entschlossenem Blick zu und berührten sich mit den Fäusten. Die Zeichen standen auf Sieg.

Nowitzki gönnte sich nur eine kleine Jubelgeste

Nach einem Fehlwurf von Dwyane Wade traf Nowitzki 29 Sekunden vor dem Ende mit einem Korbleger zur endgültigen Entscheidung. Die rechte Faust geballt nach oben gestreckt, mehr Jubelgeste gönnte sich der Kapitän der Mavericks nicht. Als das Spiel noch einmal unterbrochen war, legte Nowitzki beide Hände auf den Kopf und starrte mit riesigen Augen dem sicheren Sieg ins Auge, reglos, fassungslos.

Fünf Jahre nach der schmachvollen Finalniederlage in sechs Spielen gegen die Miami Heat haben diesmal die Mavericks nach zweimaligem Rückstand (0:1 und 1:2) das Glück auf ihre Seite gerissen. Mit enormer Willenskraft, die sich in Dirk Nowitzki personifiziert hat. In dem Mann, der in den Playoffs gegen alle Widrigkeiten 28 Punkte pro Spiel erzielt hat. In dem Mann, der erst einmal mit sich alleine sein wollte. Als alles vorbei war, um Viertel vor fünf, als in Deutschland der Morgen kam.

Der moralische Favorit

– NBA-Finals: In den USA ist die Stimmung zugunsten der Mavericks gekippt – Wade und James als Buhmänner

Berlin/Miami (dapd). Dirk Nowitzki und seine Mitspieler von den Dallas Mavericks werden 20.000 Menschen gegen sich haben, wenn sie am Montagmorgen deutscher Zeit (2:00 MESZ) aufs Parkett der American Airlines Arena in Miami laufen. Die Mehrheit der Millionen Basketballfans in den USA aber dürfen die Texaner hinter sich wissen. Vor Spiel sechs, bei dem Dallas mit einem Sieg den ersten NBA-Titel der Klubgeschichte festmachen kann, ist die Sympathie in den Medien fast überwältigend aufseiten der Mavs mit ihrem deutschen Superstar. Durch ihre zwei Siege in Folge, die wenige für möglich gehalten hatten, mehr noch aber durch die Begleitumstände, sind die Dallas Mavericks zum moralischen Favoriten dieser Endspielserie geworden.

Begonnen hat der Stimmungsumschwung mit dem vierten Spiel, in dem Dirk Nowitzki trotz 39 Grad Fieber im Schlussviertel zum entscheidenden Mann wurde. Die Bilder des mit nassen Handtüchern behängten, von Husten geschüttelten Deutschen auf der Ersatzbank haben die Amerikaner nachhaltig beeindruckt. Die mediale Begeisterung für Nowitzkis Kraftakt hat Miamis „Superfriends“ LeBron James und Dwyane Wade die Schau gestohlen – und offenbar auch nachhaltig verärgert. Kurz vor dem fünften Spiel tauchte ein Video auf, das die beiden Starspieler der Heat zeigte, wie sie Nowitzkis Husten vor laufender Kamera veralberten.

„Kindisch und respektlos“

Erst nach dem sechsten Spiel, das Dallas erneut gewann und in dem LeBron James erneut im letzten Viertel enttäuschte, schlug der kurze Clip größere Wellen. Nowitzki bedachte die Aktion auf Nachfrage mit einem knappen „kindisch und respektlos“ und fügte in Richtung James und Wade hinzu: „Das sind die NBA-Finals. Wenn du Extra-Motivation brauchst, hast du ein Problem.“

Der Tenor in den US-Medien aber ist überaus kritisch. Die „New York Times“ vermutet, Dwyane Wade leide nach elf Monaten im Fokus der Kameras nun unter „Schweinwerfer-Müdigkeit“. CBS-Kolumnist Gregg Doyel schreibt, er hätte Verständnis für Attacken gegen andere Mavericks-Spieler gehabt, zum Beispiel den notorischen Lautsprecher Jason Terry oder den auf und abseits des Feldes aggressiven DeShawn Stevenson. „Aber sich über Nowitzki lustig zu machen? Ausgerechnet über ihn? Er ist der netteste Typ auf dem Parkett, er spielt mit einem Sehnenriss im Finger, er hat Spiel vier mit 39 Grad Fieber gespielt. Und er hat beide Probleme heruntergespielt“, schreibt Doyel.

Im Speziellen stürzen sich die amerikanischen Betrachter des Spiels nun auf LeBron James – und hauen munter auf ihn ein. Im Gegensatz zu seinem Kumpel Dwyane Wade, mit 28,4 Punkten pro Partie neben Nowitzki bislang der Spieler dieser Finalserie, hat der selbst ernannte „Auserwählte“ in keinem der fünf Spiele dominieren können. „LeBron James ist seziert worden wie ein Frosch in der Biologiestunde“, schreibt die „New York Times“. Das allgemeine Fazit: Große Klappe, wenig dahinter. Bislang jedenfalls.

LeBron bezeichnet sich in SMS selbst als „King James“

Nicht unbedingt sympathiebildend für James ist überdies, was ein Bericht der „Washington Post“ enthüllte: Demnach stellt sich James in SMS an Kollegen gerne selbst als „King James“ vor. In mehr als einem Artikel kam bereits der wenig schmeichelhafte Vergleich mit den Allüren von Michael Jackson auf. LeBron James sei Bewohner seiner eigenen „Neverland“-Traumwelt.

Und auch sein Wechsel von Cleveland nach Miami im vergangenen Sommer, ins warme Nest der Superstars, wird noch einmal bemüht, um ein Bild von LeBron James zu zeichnen als jemandem, der seine Fahne nach dem Wind dreht und immer schon für die ohnehin erfolgreichen Mannschaften war. „Warum glaubt ihr, sind LeBrons Lieblingsteams die Yankees und die Cowboys“, heißt es in der „Washington Post“-Kolumne. „Warum hielt er es als Kind mit Jordan und den Bulls und nicht den unglücklichen Cavaliers, nur 45 Minuten vor seiner Haustür?“

Dwyane Wade und LeBron James stehen vor dem vielleicht entscheidenden sechsten Spiel nicht nur sportlich mit dem Rücken zur Wand. Ihre Mätzchen abseits des Parketts haben sie auch viel Kredit in der Öffentlichkeit gekostet. Zum Glück für sie wird das die 20.000 in der Halle nicht interessieren.

Wie auf dem Spielplatz

– Neben Nowitzki ist Instinkt-Basketballer Jason Terry der Trumpf der Mavericks – NBA-Trophäe als Tattoo

Berlin/Dallas (dapd). Wie ein strahlender Lausbub saß der Mann mit dem feinen Bärtchen auf dem Podium und erzählte: „Es war wie damals auf dem Schulhof in Seattle, als wir unsere Idole in den Finals nachgeahmt haben. Alles steht auf dem Spiel. Hochsteigen. Versenken.“ Jason Terry zeigte sein listiges Lächeln, das er an diesem Abend kaum aus dem Gesicht bekam. Dass die Dallas Mavericks nach 1:2-Rückstand in der Best-of-seven-Serie nun mit einer 3:2-Führung zur Entscheidung des NBA-Finales nach Miami reisen, haben sie neben Nowitzki auch ihrem zweiten Veteranen zu verdanken.

Im vierten Spiel verwandelte Terry seine beiden Freiwürfe sechs Sekunden vor dem Ende und sicherte den Texanern damit nach Nowitzkis Korbleger den Sieg, das fünfte Aufeinandertreffen entschied er mit einem waghalsigen Drei-Punkte-Wurf „ins Gesicht“ von Superstar LeBron James. Ein Wurf wie auf dem Pausenhof. Die Doppeldeutigkeit von „playground“ im Englischen passt, denn obwohl sich mittlerweile 20.000 Leute um ihn drängen, begreift Jason Terry das Basketballfeld auch heute noch vornehmlich als seinen Spielplatz, als den Ort, an dem sich der 1,88 Meter kleine Instinkt-Basketballer austoben darf.

Terry wirkt mitunter wie Sport-Goofy

„Wenn ich Platz habe, lasse ich ihn fliegen“, beschreibt Terry seinen simplen Spielplan. Auch Terry selbst hat in den letzten beiden Spielen abgehoben. Jet, wie ihn die Mitspieler in Anlehnung an seine Initialen nennen, hat im American Airlines Center zu Dallas die nächste Brennstufe gezündet. Mit ausgebreiteten Armen, Flugzeugtragflächen imitierend, rannte der Guard nach seinen wichtigen Korberfolgen zurück in die eigene Hälfte, die Augen hoch in die Publikumsränge gerichtet. Seht ihr, heißt das, ich hab euch immer gesagt, dass ich’s kann.

Mit seinen bis zu den Knien hochgezogenen Strümpfen, dem am Körper schlackernden Trikot und seinem Stirnband wirkt Terry mitunter wie eine lebende Ausgabe des Comic-Trottels Sport-Goofy, und seine Blackouts in der Defensive sind ebenso legendär wie seine spielentscheidenden Aktionen. Im zweiten Spiel der Serie ließ er seinen Gegenspieler Mario Chalmers 24 Sekunden vor dem Ende mutterseelenalleine an der Dreipunktelinie stehen und machte damit Nowitzkis vorentscheidenden Dreier umgehend wieder zunichte. „Ich will gar nicht sagen, was er mir danach an den Kopf geworfen hat. Viele Schimpfwörter“, sagte Terry.

Nowitzki und Terry, das ungleiche Bruderpaar

Dirk Nowitzki und Jason Terry verbindet eine Beziehung wie zwischen zwei ungleichen Brüdern. Auf der einen Seite der stets ernste, fokussierte Deutsche, auf der anderen der Instinkt-Basketballer, dessen Handlungen zwischen Genie und Wahnsinn pendeln. Nichtsdestotrotz ist es eine enge Beziehung. Nowitzki weiß, dass er Terry braucht, auch wenn ihm das Geplapper auf die Nerven geht. „Er verpasst mir manchmal einen Maulkorb“, sagt Terry. „Er mag es nicht, wenn ich zu viel mit euch rede, weil ich unsere Strategie verrate.“

Doch wenn Terry in den entscheidenden Phasen so aufspielt wie zuletzt, ist er eine riesen Erleichterung für den von den Heat stets gedoppelten Superstar Nowitzki. „Jet war phänomenal“, sagte Nowitzki nach Terrys Gala im fünften Spiel. „Er war von Beginn an aggressiv. Das ist der Jet, den wir brauchen. Er muss angreifen. Das eröffnet auch allen anderen viele Chancen.“ Exemplarisch die Aktion vor Jason Kidds Drei-Punkte-Wurf zum 105:100, als Terry unwiderstehlich zum Korb zog und im letzten Moment den offenen Mitspieler bediente.

In solchen Fällen verzeiht ihm Nowitzki den ewigen „trash talk“. Nach dem dritten Spiel hatte Terry in typischer Selbstgewissheit verkündet, wenn beide Teams über 100 Punkte erzielen würden, könnten die Heat keinesfalls gewinnen. Das 112:103 am Donnerstag bestätigte ihn, was Terry genüsslich auskostete. „Wir alle wissen, dass Jet ein zuversichtlicher junger Mann ist“, sagte Nowitzki nach Spiel fünf mit feiner Ironie. „Er hat uns in der Kabine immer sehr viel zu sagen. Er redet sehr gerne und er hört sich gerne reden.“ Und dann lächelte der große Bruder.

Gemeinsame Agenda 2006

Nowitzki und Terry verbindet die gemeinsame Agenda. Es ist die Agenda 2006. Revanche zu nehmen für die 2:4-Finalniederlage gegen die Miami Heat, ist der Antrieb der ungleichen Brüder im Geiste. Im sechsten Spiel traf Terry damals nur neun von 36 Würfen, auch Nowitzki konnte in den Endspielen nicht so dominieren wie zuvor. In ihren Wegen mögen sich der wortkarge Deutsche und die Plaudertasche aus Seattle stark unterscheiden. Willenskraft und Überzeugung jedoch, dass es in diesem Jahr wirklich klappen kann mit dem ersehnten Ring, sind bei beiden gleich stark ausgeprägt. „Wir sind überzeugt, jetzt sind wir dran“, sagt Terry, der sich vor der Saison den NBA-Pokal auf den rechten Bizeps stechen ließ.

„Alle haben gelacht und dachten damals, das wäre ein Witz. Als sie dann sahen, dass ich es mir wirklich machen ließ, sagten sie auf einmal: ‚Der Junge meint’s ernst!'“ Und auch die Miami Heat haben spätestens jetzt gemerkt, dass es dem Hallodri aus Seattle wirklich ernst ist mit dem Titel. Mit erhobenem Zeigefinger verabschiedete sich Terry am späten Donnerstagabend von den jubelnden Fans. Noch ein Sieg, sollte das heißen. „Ihr könnt euch nicht vorstellen, was es für uns bedeutet, zu diesem Spiel sechs aufzulaufen und den Job zu beenden“, sagte er. „Das ist groß. Historisch.“

Sieg gegen die Kritiker

– Dirk Nowitzki ist auch im Finale in den entscheidenden Situationen dominant – Nur der NBA-Titel zählt

Berlin/Miami (dapd). Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund stand er auf dem Parkett, fast teilnahmslos nahm er die Glückwünsche der Kollegen entgegen. Sie boxten ihm auf die Brust, patschten ihm mit der flachen Hand gegen die erhobene Rechte. Sie jubelten und riefen wild durcheinander. Doch Dirk Nowitzki, schwer atmend noch von den letzten Sekunden des Spiels, starrte nur durch sie hindurch – und dann noch einmal hoch zur Anzeigetafel.

95:93 stand da. Die Punkte 87 bis 95, die da auf Seite der Gäste aufleuchteten, hatte Dirk Nowitzki selbst erzielt. Mit einem Sprungwurf und einem Korbleger hatte der 32-Jährige das Spiel 57,6 Sekunden vor dem Ende ausgeglichen, mit einem Dreier schließlich sein Team 26,7 Sekunden vor dem Schluss in Führung gebracht.

Nach zwischenzeitlich 15 Punkten Rückstand war Dallas auf einmal wieder da. Und auch der mit einen Sehnenabriss im linken Mittelfinger spielende Nowitzki hatte nach drei mehr als bescheidenen Vierteln im Schlussabschnitt doch noch zu seiner vertrauten Wurfstärke gefunden. „Sie haben unsere Offensive sehr gut im Griff gehabt, wir haben nicht viel hinbekommen. Erst im letzten Viertel haben wir dann endlich die Lücken gefunden“, sagte Nowitzki, der mit einer Schiene am lädierten Finger spielte.

„Wir hatten eine gute Position“

Beim Zurücklaufen nach seinem erfolgreichen Dreier zum 93:90 gönnte sich der Deutsche eine Jubelgeste, formte mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis, die restlichen drei Finger abgespreizt. Im Gegenzug aber ließ Jason Terry aber Mario Chalmers völlig frei an der Linie stehen, der zum Ausgleich traf. „Wir hatten immer noch eine gute Position“, sagte Nowitzki, der Terry auf dem Feld noch lautstark die Meinung gesagt hatte.

Die Mavericks also noch einmal im Angriff: Jason Kidd ließ zunächst die Uhr herunterlaufen und bediente dann Nowitzki. Der fintierte gegen Chris Bosh, drehte sich um ihn herum, zog zum Korb und warf den Ball in Bedrängnis mit der verletzten linken Hand zum Sieg durchs Netz.

2006 hatten die Mavericks im Finale gegen Miami eine 2:0-Führung noch aus der Hand gegeben. Nun könnte die Dynamik der Serie nach dem Ausgleich und dem Umzug nach Dallas zugunsten der Texaner kippen. „So sehr 2006 noch bei mir und Jet (Jason Terry) im Kopf ist, während des Spiels denkt man nicht daran“, sagte Nowitzki. „Man nimmt jeden Ballbesitz so, als wäre es der letzte in den Finals. Man denkt an nichts anderes als daran, diesen Sieg zu holen.“

Nowitzki hat ausgeglichen – gegen die Kritiker

Ganz egal wie die Final-Serie ausgehen wird, einen Sieger hat sie bereits jetzt. Nicht nur im Duell Dallas gegen Miami steht es nun 1:1. Auch Dirk Nowitzki hat ausgeglichen – gegen seine Kritiker. Gegen die, die ihm seit Jahren vorwerfen, er würde sich in den wichtigen Spielen, den entscheidenden Szenen verstecken. „No-winski“ haben sie ihn getauft, und mit jeder frühen Playoff-Niederlage seit 2006 sahen sie sich bestätigt. Drei Mal schied Nowitzki mit den Mavs schon in der ersten Runde, ein Mal in der zweiten. Auch weil seine Mitspieler sich gerne hinter dem Superstar aus Germany versteckten. Doch Nowitzki, seit 2002 immer All-Star, bester Europäer aller Zeiten, war für viele der Mann, der es unter Druck nicht brachte.

Auch in diesem Jahr unkten sie schon wieder, als die Mavericks das vierte Spiel gegen die Portland Trail Blazers im Schlussviertel aus der Hand gaben und den Ausgleich nach 2:0-Führung hinnehmen mussten. In Spiel fünf und sechs jedoch führte Nowitzki sein Team zum Sieg. Und mit dem 4:0 gegen den Vorjahresmeister Los Angeles Lakers machten die Texaner endgültig klar, dass sie Großes leisten können. Dass für ihn nur noch der Titel zählt, hatte Nowitzki bereits vor der Saison formuliert und noch einmal vor den Playoffs wiederholt.

21 von 21 Freiwürfen gegen Oklahoma

Den Beweis seiner Willenskraft trat der Würzburger im ersten Spiel gegen die Oklahoma City Thunder an, als unter seinen 48 Punkten auch 21 Freiwürfe waren – bei 21 Versuchen, ein NBA-Rekord. Vielleicht auch deshalb scheute Nowitzkis Gegenspieler Bosh in der entscheidenden Szene am Donnerstagabend (Ortszeit) das Foul gegen den Deutschen.

Selbst Nowitzki konnte sich hinterher nicht erklären, warum die Heat nicht schon früher foulten. Aber allzu viele Worte wollte er ohnehin nicht über die Szene des Spiels verlieren. Drei kleine englische Wörtchen sagte der 2,13-Mann ins TV-Mikrofon: „That was big.“ Dann bedankte er sich artig und entschwand in die Katakomben. Dirk Nowitzki hat noch etwas vor.

Go West!

– 1967 wollte Amerika den Fußball lieben lernen – und importierte für drei Monate mittelmäßige Mannschaften aus Europa (11FREUNDE Sonderheft „Die 60er“)

Als die Spieler der Washington Whips das Rollfeld des Dulles International Airport betreten, plärren die Dudelsäcke. Dutzende Schaulustige haben sich eingefunden. Es ist ein festlicher Empfang.

Der dänische Sunnyboy Jens Petersen, der erst 18-jährige Martin Buchan, der drahtige Linksverteidiger Ally Shewan – nacheinander klettert das gesamte Team an diesem sonnigen Tag Anfang Mai 1967 die Gangway hinab. Im Flugzeug sind sie noch der FC Aberdeen gewesen – ein schottisches Team von passabler Qualität, das wenige Tage zuvor das Pokalfinale gegen Celtic bestritten hat. Nun sind die 17 Männer der Stolz der amerikanischen Hauptstadt – und sollen als „Washington Whips“ in der aus dem Boden gestampften „United Soccer Association“ (USA) antreten.

Drei Jahre nachdem die Beatles bei ihrer Ankunft am John F. Kennedy Airport in New York eine Musikrevolution im Gepäck hatten, soll Amerika sich nun auch für der Europäer liebsten Sport begeistern. „Fußball spielten in den Augen der Amerikaner nur irgendwelche verrückten Ukrainer oder Ungarn“, sagt Andrei S. Markovits, Soziologieprofessor und Fußball-Publizist der University of Michigan. Doch im Frühsommer 1967 gibt es plötzlich nicht nur eine Fußball-Liga zwischen LA und New York, sondern zwei. „Eine schöne american story“, findet Markovits.

Diese amerikanische Geschichte beginnt mit dem Geld der American sports owners, millionenschweren Geschäftsmännern, die bereits erfolgreich in die amerikanischen Sportarten investiert haben: Baseball, Football, Basketball. Nun wollen sie auch mit soccer reüssieren. Lamar Hunt, Besitzer der Kansas City Chiefs, Jack Kent Cooke, Eigentümer der Los Angeles Lakers, die Betreiber des New Yorker Madison Square Garden und andere tragen ihr Interesse dem amerikanischen Verband vor. Doch nur die „United Soccer Association“ bekommt den Segensspruch des US-Verbands – und damit der FIFA. Was nur den Sportsgeist der Zurückgewiesenen entfacht. Sie formieren im Nu eine zweite Liga, die „National Professional Soccer League“, ziehen einen Fernsehvertrag mit CBS an Land – und fangen an, wie wild Spieler aus aller Herren Länder zu verpflichten.

Was wiederum die USA zum Handeln zwingt. Wegen der knappen Zeit verfallen die Eigner auf den genialen Gedanken, statt Spielern ganze Teams ins Land zu holen. 25.000 Dollar Antrittsprämie pro Mannschaft, dazu freie Kost und Logis. Schmissige amerikanische Namen, ein fesches Logo, fertig ist die Liga. „Man dachte sich: Wir haben die Shamrock Rovers aus Irland, die können wir in Boston spielen lassen, denn es gibt ja Iren in Boston“, erzählt Andrei S. Markovits. „Und in Chicago gibt’s Italiener, da lassen wir Cagliari spielen. Houston ist im Süden, also näher an Brasilien, da lassen wir Bangu starten. Total wahnsinnig!“

So wird der englische Klub Stoke City zu den Cleveland Stokers, das schottische Team Dundee United mutiert zu Dallas Tornado und die Wolverhampton Wanderers tragen ihre Spiele nun als „Los Angeles Wolves“ aus. Die New York Skyliners kommen eigentlich aus Uruguay, und im Dress der Chicago Mustangs galoppieren Roberto Boninsegna und seine Kollegen von Cagliari Calcio über den Platz. Außer Boninsegna und Englands Weltmeister-Keeper Gordon Banks spielen hauptsächlich No-Names in der Retorten-Liga. Manchester United und die anderen großen Vereine Europas haben so kurzfristig keine Lust oder Zeit für das Abenteuer USA.

Für Ally Shewan und seine Teamgefährten vom FC Aberdeen geht derweil der Traum von der großen weiten Welt in Erfüllung. „Die meisten waren Jungs vom Land, wie ich“, erzählt Shewan, „wir waren unwahrscheinlich aufgeregt“. Spieler und Trainer sind im Washingtoner Hilton Hotel untergebracht, jenem gigantischen Betonklotz an der Connecticut Avenue, erst zwei Jahre zuvor eröffnet.

Während die europäischen Spieler die neuen Eindrücke aufsaugen, bleibt die Begeisterung der Amerikaner aus. Zum ersten Heimspiel der Whips am 7. Mai kommen 8.723 Fans ins D.C. Stadium, in das über 56.000 passen. „Das war ein großer Schock für die Besitzer“, sagt Paul Gardner. „Sie hatten nicht realisiert, dass sie sich richtig strecken mussten, um die Leute ins Stadion zu bekommen.“ Gardner ist heute einer der renommiertesten Fußballschreiber Amerikas. 1967 hatte der damals 36-jährige gelernte Apotheker noch keine Zeile über den Sport verfasst. Aber er hatte eine unschlagbare Referenz: Seine Herkunft. „Diesen Leuten erschien ich wie ein verdammt großartiger Experte“, erzählt Gardner. „Ich hatte einen englischen Akzent und ich hörte mich an, als hätte ich Ahnung. Sie fragten mich, was ich über Cerro wusste – keine Ahnung, was ich ihnen erzählt habe.“ Fortan berichtet Gardner von Spielen der New York Islanders, eigentlich C.A. Cerro aus Montevideo.

Was aus England kommt, muss gut sein. Denn schließlich ist England der Weltmeister. Die zeitversetzte NBC-Übertragung des Finales von Wembley haben um 12 Uhr mittags neun Millionen Amerikaner gesehen. „Ein gutes Spiel, um das Interesse der Amerikaner zu wecken. Es hatte Dramatik, Verlängerung, ein Ausgleichstor in der letzten Minute“, sagt Paul Gardner.

Die Spiele der US-Ligen im Jahr 1967 haben nichts von alledem. Vor Geisterkulissen in den riesigen Baseballstadien liefern sich die zweitklassigen Mannschaften überharte Duelle mit vielen Fouls und wenig sportlichen Höhepunkten. „Es war typisch britischer Fußball. Es fielen sehr wenige Tore“, erinnert sich Aberdeens Verteidiger Ally Shewan. Gleiches Bild in der rivalisierenden NPSL. Der britische Coach Alan Rogers tut sich auf der Bank der Chicago Spurs vor allem durch seine Vorliebe für Kraftausdrücke hervor. „Fucking hier, cunt da. In dem leeren Stadion schien das Echo alles zu vervielfachen“, erinnert sich Paul Gardner. „Am Ende haben sie ihn gefeuert. Nie mehr von ihm gehört.“

Selbst die Südamerikaner bringen eher weniger als mehr Kultur ins Spiel. „Die Uruguayer spielten wirklich hart“, sagt Ally Shewan. „Einer von ihnen riss Davie Johnston die ganze Wade auf. Er hatte ihm die Stollen richtig ins Bein gerammt, Blut überall. Eine Rote Karte gab es nicht.“

Beim Spiel Glentoran gegen Bangu resp. Detroit Cougars gegen Houston Stars attackieren sich die Spieler gar gegenseitig mit den Eckfahnen – während die Zuschauer das Feld stürmen. Paul Gardner kann oder will sich daran nicht erinnern: „Ich bin versucht zynisch zu sein und zu sagen, es gab nie genügend Zuschauer für einen Platzsturm.“

Auch die friedlicheren Partien liefern groteske Bilder. Die Spielfelder sind in die quadratischen Baseballarenen gequetscht, vor einem der Tore befindet sich meist eine Sandlandschaft, die Male hat man nur notdürftig abgedeckt. Für die Spieler ist die Kurzsaison im Sommer eine Mischung aus Urlaub und Saisonvorbereitung mit Wettkampfcharakter – und vielen Freiheiten. „Ich habe nichts dagegen, dass ihr euch amüsiert“, sagt Aberdeens Trainer Jimmy Wilson seinen Spielern. „Aber übertreibt es nicht – und seid um sechs Uhr morgens wieder im Hotel.“ Das lassen sich die schottischen Jungs nicht zwei Mal sagen. 10 Pfund Spesen pro Tag reichen für jede Menge Spaß. In Washington haben sie schnell eine Stammkneipe, die Älteren im Team schauen sich die Shows von Ella Fitzgerald, Louis Armstrong oder Andy Williams an.

Bei einem Auswärtsspiel in Detroit treffen die Schotten sogar den bekanntesten Sportler ihrer Zeit. Bei einem Spaziergang fällt ihr Blick auf eine dunkle Masse, die sich die Straße herunterwälzt. Riesige schwarze Männer in schwarzen Lederjacken und schwarzen Sonnenbrillen. Mittendrin der Weltmeister aller Klassen. Ally Shewan wieselt hinüber und fragt höflich: „Cassius Clay, kann ich Ihr Autogramm haben?“ Die Antwort ist ein Knurren: „Muhammad Ali, Mann!“ Das Autogramm bekommt Shewan trotzdem. „Meine Leute in Schottland glaubten mir kein Wort, bis ich ihnen die Karte zeigte.“

Auch das ist Amerika 1967 – ein Land des Kriegs und des Rassismus. Nur wenige Tage vor Beginn des Spielbetriebs der USA haben die Behörden Muhammad Ali wegen Wehrdienstverweigerung seine Boxlizenz und seinen Pass entzogen. Zehntausende protestieren gegen den Vietnamkrieg. Im brandneuen Astrodome in Houston, dem „achten Weltwunder“, wo der Champion noch Anfang des Jahres gekämpft hat, treten auch die Washington Whips an. Judge Roy Hofheinz, der Besitzer der Houston Stars (aus Rio) empfängt die Mannschaft mit den Worten: „Diese Farbigen gefallen mir nicht. Warum spielt ihr Schotten nicht für mich?“

Unter all den mittelmäßigen Teams der Eastern Division der USA ragen die Whips nicht hinaus, aber sie verlieren nur zwei von zwölf Spielen. Und so stehen sie am 14. Juli im ersten und einzigen Finale ihrer wunderlichen Liga. Gegner sind die LA Wolves. 18.000 von 93.000 Plätzen im Coliseum von Los Angeles sind besetzt. Vor dem Spiel werden die Schauspieler Geraldine Chaplin und Terence Stamp präsentiert, im Rahmenprogramm spielen die „Claude Hoppers“ und die San Fernando Valley Youthband. „England gegen Schottland. Das bedeutet Action“, prophezeit das Stadionheft. Und behält Recht. Elf Tore sehen die Besucher – und ungezählte Fouls.

„Das Finale war ziemlich rau“, erinnert sich Ally Shewan. „Wir jagten uns über den ganzen Platz. Der Schiedsrichter, ein Amerikaner, bekam gar kein Gefühl für die Partie.“ Shewan werden von seinem Gegenspieler Derek Dougan im Spiel drei Finger gebrochen, schon nach einer halben Stunde verlieren die Whips einen Spieler durch Platzverweis. „Es wurde eine richtige Schlacht“, so Shewan.

Am Ende der 90 Minuten steht es 4:4, nach 30 Minuten Verlängerung 5:5. Nun wird nach „Golden Goal“-Regel weitergespielt. In der 127. Spielminute sieht Ally Shewan eine Flanke auf sich zukommen. „Der Torhüter kam heraus, konnte ihn aber nicht richtig bekommen. Einer der Manndecker versperrte mir die Sicht.“ Sekundenbruchteile später liegt der Ball im Netz der Whips. Die Wolverhampton Wanderers sind Meister der USA.

Schon am Abend ist Shewans Fauxpas vergeben und vergessen. Whips-Eigner Earl Foreman hat die 2.000 Dollar Siegprämie an die Spieler trotzdem ausgezahlt – wegen des überaus unterhaltsamen Spiels, wie er betont. „Mein Gott, das war viel Geld damals“, sagt Shewan, der den Abend mit seinen Teamgefährten im Cocoanut Grove im Ambassador Hotel verbringt, einem der angesagtesten Nachtclubs in LA. Bobby Vinton schmettert seine Hits. Zu den Klängen von „Blue Velvet“ und „Roses Are Red“ genießt der FC Aberdeen einen seiner letzten Abende in den Staaten. „Am Tag darauf gingen wir ins Disneyland“, erinnert sich Ally Shewan. „Und siehe da, wen treffen wir? Den Schiedsrichter! Der hatte Angst, dass wir ihn ins Wasser schmeißen. Aber wir waren ihm nicht böse. Wir hatten ja eine großartige Zeit.“

Die United Soccer Association dagegen überdauert das Jahr 1967 nicht. Sie schließt sich der rivalisierenden NPSL an – die North American Soccer League entsteht, die mit Pelé und Beckenbauer in den 70ern dann doch noch wirkliche Fußballbegeisterung in den USA hervorrufen wird. „Wichtig ist, dass sich Amerika und die Welt ändern“, sagt der Soziologe Markovits.

Das erste Jahr mit dem soccer – für die sports owners ist es ein finanzielles Desaster. Bill McNutt II, Miteigner des Tabellenletzten Dallas Tornado, der seine Millionen mit Fruchtkuchen gemacht hat, nimmt es sportlich. Auf die Frage, was der Misserfolg seines Teams für ihn bedeute, gibt er zurück: „Nun, wir müssen jetzt einfach verdammt viel Kuchen verkaufen.“

Klopapier und Veitstanz

(Tsp) Die San Francisco Giants gewinnen die Baseball-World-Series überlegen gegen die Texas Rangers und holen damit den ersten Titel in die Stadt, die anschließend im Jubel versinkt.

San Francisco zählte bis drei. Giants-Schlagmann Edgar Renteria hatte es auf den dritten Wurf des Texas-Rangers-Werfers Cliff Lee abgesehen. Mit aller Kraft schwang er den Schläger – und traf perfekt. Statt im Fanghandschuh des Gegners landete der Ball als Home-Run in den Zuschauerrängen. Die Fans feierten, denn Renterias Schlag war die Vorentscheidung – und bescherte den San Francisco Giants damit die US-Baseball-Meisterschaft. Als der 35 Jahre alte Veteran im texanischen Arlington seine Runde über die Bases drehte, sprangen die Menschen in Orange auf dem Rathausplatz in San Francisco vor Freude wild durcheinander. Als Nelson Cruz dann am Spielende als letzter Rangers-Schlagmann in die Luft schlug, begann 2700 Kilometer weiter westlich eine gigantische Party.

Man hat schließlich einiges nachzuholen. Zum ersten Mal überhaupt sind die Giants World-Series-Gewinner, jedenfalls seitdem sie im Jahre 1958 die Küste gewechselt haben und von New York nach San Francisco umsiedelten. Es ist der erste große Titelgewinn für die Stadt, seitdem das American-Football-Team der 49ers vor 16 Jahren den „Super Bowl“ gewann. Mit ihren orangefarbenen T-Shirts, Schals und Tüchern strömten die Fans zu Tausenden auf die Straßen. Und wie es sich für Amerikas liberalste und oft auch verrückteste Metropole gehört, schlugen die Bürger in der Folge auch ein bisschen über die Stränge. California-style. Toilettenpapier verstopfte die Schienen der legendären Straßenbahnen, Motorhauben parkender Autos wurden durch wilde Jubelsprünge demoliert, auch lodernde Freudenfeuer entzündeten die Massen, mitten in der Stadt, und führten über ihnen wilde Veitstänze auf.

„Ich bin froh, dass ich mein Haus abgesperrt habe“, sagte Giants-Spieler Aubrey Huff ahnungsvoll im fernen Texas. Huff darf sich nun „World Champion“ nennen, Weltmeister, wie die Amerikaner zu ihren Baseball-Meistern sagen – in beschwingter Ignoranz der Ligen in Japan, auf Kuba und anderswo. Das Finalduell der Underdogs jedenfalls hat der Underdog gewonnen. Die Giants schlugen die leicht favorisierten Rangers in fünf Spielen, weil sie deren Schlagstärke mit großartigen Wurfleistungen eliminieren konnten, nachdem die Rangers den New York Yankees im Halbfinale noch die Bälle nach Belieben um die Ohren gehauen hatten. „Sie haben in allen Spielen besser geworfen als wir, ihre Werfer waren unglaublich“, sagte Cliff Lee, der Renterias Home-Run fassungslos hinterherschaute. Tim Lincecum entschied das Duell der Wurfarme am Montag für sich. „Es hat alles geklappt“, sagte er. „Ab dem ersten Inning hat sich das Adrenalin verflüchtigt, und ich wurde ganz ruhig.“ Für Mittwoch ist wieder ein Anstieg des Glückshormonpegels in Sicht – dann paradieren die Helden durch ihre Stadt.

„Morgen melde ich mich krank. Jeder meldet sich morgen krank“, zitierte der „San Francisco Chronicle“ einen feiernden Giants-Fan. „Und gegen Mittag gehe ich dann wählen. Wir müssen ja Timmy Lincecum würdigen, indem wir Proposition 19 verabschieden.“ Proposition 19 – damit wollen die Kalifornier den Konsum und Besitz von Marihuana legalisieren. Giants-Werfer Lincecum wurde 2009 mit 3,3 Gramm des Rauschmittels in seinem Wagen erwischt. California-style eben.

Die Stadt der brüderlichen Hassliebe

(Tsp) Einst verabscheute Philadelphia sein Baseballteam, das eines der schlechtesten der USA war. Nun werden die Phillies von der ganzen Stadt als Helden verehrt. Sie könnten zum dritten Mal in Folge die World Series erreichen.

Ob ein Sportmoment ewig in Erinnerung bleibt, darüber entscheiden manchmal wenige Zentimeter. Als der Fänger Carlos Ruiz am vergangenen Mittwoch den vor ihm auf den Boden tropfenden Ball mit der rechten Hand aufnahm und ihn über den spurtenden Schlagmann der Cincinnati Reds zur ersten Base warf, hielt ganz Philadelphia den Atem an. Die Zeit schien sich zu dehnen wie der Kaugummi eines Outfielders. Dann klatschte der Ball in den Fanghandschuh von First Baseman Ryan Howard, das Spiel war vorbei. Phillies-Pitcher Roy Halladay hatte Baseball-Geschichte geschrieben – mit dem erst zweiten „No-hitter“ der Play-off-Historie. In neun Innings hatte kein Reds-Spieler durch einen eigenen Treffer die erste Base erreicht.

Nach dem glatten 3:0-Sieg gegen die Reds warten nun ab Sonnabend im Halbfinale die San Francisco Giants, Gegner im Endspiel könnten wie im Vorjahr die New York Yankees sein.

Geschichte geschrieben haben die Philadelphia Phillies in den 126 Jahren ihres Bestehens selten genug. Bis vor zwei Jahren waren sie mit nur einem World-Series-Titel (1980) eines der erfolglosesten Teams im ganzen Land – und das hässliche Aushängeschild einer Stadt, in der sich die Profiteams im Football, Eishockey, Basketball und Baseball Jahr für Jahr mit Enttäuschungen unterboten. Philadelphia, diese bröckelnde Metropole zwischen Anspruch und Wirklichkeit war jahrzehntelang das Synonym für traditionsreich aber bedeutungslos – und Leinwandboxer Rocky Balboa ihr bekanntester Sportler. Wenn es im echten Leben wieder einmal schiefgegangen war, tobte das Fanvolk – wie nach dem Fehlwurf von Pitcher Mitch Williams in der „World Series“ 1993. „Die Leute haben ihn und seine Familie jahrelang schikaniert. Am Strand haben sie ihn ständig mit Sachen beworfen“, erinnert sich Phillies-Fan Karalyn. „In Südamerika bringen sie Fußballspieler um. In Philadelphia wirst du nur ein Jahrzehnt lang gehasst.“

Philadelphia und die Phillies – eine über Jahrzehnte gewachsene Hassliebe, bei der das Pendel in den letzten Jahren merklich Richtung Liebe schwingt. Denn mit dem World-Series-Triumph gegen die Tampa Bay Rays 2008 und dem erneuten Einzug ins Finale im Vorjahr, das sie allerdings gegen die Yankees verloren, ist das Team plötzlich eines der erfolgreichsten. „Die beiden World-Series-Teilnahmen haben alte Wunden geheilt“, sagt Karalyn. Sie ist 27 und in Philadelphia aufgewachsen. Schon als Säugling hat sie ihr Vater mitgenommen ins Stadion; das Maskottchen, der Phillie Phanatic, ein bizarrer grüner Nasenbär mit Gewichtsproblemen, war ihre erste große Liebe. Williams’ Versagen erlebte sie als 10-Jährige im mittlerweile abgerissenen Veterans-Stadium. „Das war Old-School-Baseball“, sagt sie lachend, „ein Team voller übergewichtiger, unförmiger Alkoholiker.“

Ein Team, das irgendwie zum Philadelphia der beginnenden neunziger Jahre passte, einer Stadt, die nach dem Zusammenbrechen der zwei großen Industriezweige, der Textilfabriken und der Brauereien, langsam vor die Hunde ging. 17 Jahre später hat sich die Innenstadt mit neuen Wolkenkratzern und schicken historischen Reihenhäusern herausgeputzt, die Phillies sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. „Die Phillies haben Philadelphia gerettet. Die Moral der Stadt ist gut“, sagt Karalyn. Die Menschen teilen den Kalender in zwei Jahreszeiten ein: mit und ohne Baseball. Von April bis Oktober scheint die Sonne über Philadelphia: „Der letzte Winter war lang und kalt. Jeder freute sich darauf, dass die Phillies wiederkommen, es war ein Zeichen, dass der Schnee bald vorbei ist.“

Die Phillies 2010, das ist kein Haufen dicker Vokuhila-Träger wie einst, sondern ein fokussierter Titelanwärter. In Halladay, Roy Oswalt und Cole Hamels hat die Mannschaft drei der besten Pitcher der Liga. „Wir wollen wieder die World Series gewinnen“, gab Hamels zu Protokoll.

„Alle Philadelphier haben derzeit einen Countdown im Kopf“, beschreibt Karalyn die Stimmung in der Stadt. „Momentan stehen wir bei acht.“ Das bedeutet: Noch acht Siege bis zum dritten World-Series-Gewinn der Klubgeschichte. Derzeit regiert einzig die Hoffnung in der Hauptstadt der Pessimisten.