„Der Gewinner wäre der Verlierer“

– Wladimir Klitschko über Ali, Messi und das Schwimmen

Berlin (dapd). Am 10. November verteidigt Wladimir Klitschko in Hamburg seine Schwergewichtstitel gegen Mariusz Wach aus Polen. Im Exklusiv-Interview mit dapd-Korrespondent Johannes Ehrmann erklärt der 36-jährige Boxer, warum er St.-Pauli-Fan ist, im Training am liebsten schwimmt und Ali für ihn der „Größte“ ist.

dapd: Wladimir Klitschko, Sie starten Anfang Oktober in die Vorbereitung auf Ihren WM-Kampf gegen Mariusz Wach am 10. November. Was ist die schlimmste Übung im Trainingslager?

Wladimir Klitschko: Schwimmen. Es ist noch anstrengender als Boxen. Ich schwimme zweimal die Woche, sehr schnell, Sprint, für die Kondition.

dapd: Welches Übung gefällt Ihnen am besten?

Klitschko: Auch Schwimmen. Es ist am schwierigsten und am schönsten, weil du versuchst, die Technik zu meistern, zu gleiten. Es geht nach Zeit, dazwischen kurze Pausen, eine Minute, wie im Kampf. Immer schneller zu werden, ist die Herausforderung, die ich mag. Und natürlich Sparring. Es macht Spaß, draufzuhauen (lacht). Es ist spannend, man läuft Gefahr, getroffen zu werden. Man hat viel Adrenalin, es ist wie ein kleiner Kampf.

dapd: Welche Schlagzeile werden wir am Tag nach Ihrem nächsten Kampf in der Zeitung lesen?

Klitschko: Ich bin kein Nostradamus, daher weiß ich das nicht genau. Mein Ziel: Den Kampf trotz der Größe meines Gegners (2,02 Meter, Anm. d. Red.) so klar zu dominieren, dass ich ihn am Ende ausknocken kann.

dapd: Viele sagen, das Schwergewicht sei zu langweilig. Sind die Klitschkos zu stark für das Schwergewicht oder ist das Schwergewicht zu schwach für die Klitschkos?

Klitschko: Das Dilemma wird sich auflösen, wenn wir zurückgetreten sind.

dapd: Mike Tyson sagte kürzlich, er hätte keine Chance gegen Muhammad Ali gehabt. Hätten Sie Ali in seiner besten Zeit geschlagen?

Klitschko: Auf keinen Fall. Ali ist eine Legende, eine Ikone. Ali ist ‚the greatest of all time‘. Ich verstehe Tysons Aussage, es ist genau die richtige, und ich respektiere ihn jetzt umso mehr. Ich kann mich nicht hinstellen und behaupten, ich hätte Joe Louis geschlagen oder Schmeling. Man muss die Champions mit Respekt behandeln und sie in ihrer Zeit lassen.

dapd: Was bewundern Sie besonders an Ali?

Klitschko: Dass er in den Zeiten gelebt hat, in der sich die Welt wahnsinnig verändert hat. Es ging um den Krieg in Vietnam, und er sagte ‚Nein‘, als ganz Amerika dafür war. Das war sehr provokant. Für alles, was er außerhalb des Rings gemacht hat, gegen Rassismus, für die Schwarzenbewegung. Man muss wirklich ‚cojones‘ haben, um das durchzuziehen.

dapd: Was müsste passieren, dass Sie doch noch mal gegen Ihren Bruder Witali in den Ring steigen?

Klitschko: Der Gewinner wäre der Verlierer. Und keiner von uns will das sein. Außerdem würde unsere Mutter das nicht überleben. Garantiert nicht.

dapd: Im Ring: lieber rote oder lieber blaue Ecke?

Klitschko: Eigentlich egal, aber die rote Ecke gehört dem Champion, also ist die Antwort klar.

dapd: K.o. in der ersten oder in der zwölften Runde?

Klitschko: Beides ist gut. Eddie Chambers habe ich in den letzten Sekunden in der Zwölften ausgeknockt. Und bei Witali gab es K.o. in der ersten Runde gegen Odlanier Solis in Köln. Beides ist spannend.

dapd: Milz- oder Leberhaken?

Klitschko: Der Leberhaken ist ganz schwer zu landen, aber wenn er klappt… (lächelt)

dapd: Nach der Karriere: Penthouse oder Bauernhof?

Klitschko: Jetzt Penthouse, danach mal sehen (überlegt). Man sagt, es zieht die Menschen im Alter aufs Land. Wichtig ist vor allem, dass man auf dem Land ist und nicht darunter und die Blumen hochdrückt… (lacht)

dapd: Wie wird der Titel Ihrer Autobiografie lauten?

Klitschko: „Klitschko“. Das reicht.

dapd: Boxen Sie noch mit 40 Jahren wie Ihr Bruder?

Klitschko: Ich habe einen Traum: Noch eine Teilnahme an den Olympischen Spielen. Beim nächsten Mal bin ich 40, genau an der erlaubten Altersgrenze.

dapd: Boxen Sie noch mit 45 wie George Foreman?

Klitschko: Ich hoffe nicht. (Kurze Pause) Ich hoffe, ich muss nicht.

dapd: Fußball: HSV oder St. Pauli?

Klitschko: St. Pauli, definitiv. Egal ob sie gewinnen oder verlieren, sie freuen sich, dabei zu sein. Beim HSV sind alle jedes Mal bitter enttäuscht, wenn er verliert. St. Pauli ist ein Volksverein.

dapd: Dortmund oder Bayern?

Klitschko: Bayern.

dapd: Messi oder Ronaldo?

Klitschko: Messi. Weil er der Underdog ist, der sich hochgekämpft hat.

dapd: Wenn Sie spielen: Stürmer oder Libero?

Klitschko: Torwart. Er ist der wichtigste Mann auf dem Feld.