Der akribische Träumer

– Nationaltrainer Österreichs: Marcel Koller macht nach der Bundesliga den nächsten Schritt

Berlin (dapd). Wenn man der Webseite des Schweizer Fußballtrainers Marcel Koller glauben darf, ist sein größter Wunsch schon vor acht Jahren Realität geworden. „Der Traum meiner Trainerkarriere erfüllte sich“, schreibt Koller dort über seinen erstes Engagement in der Bundesliga, das im November 2003 beim 1. FC Köln begann. Nun macht Koller den nächsten Schritt, weg vom Vereinsfußball: Er wird Österreichs neuer Nationaltrainer. Ein Schritt über die Grenze, hin zum Nachbarn Österreich. Das Image des akribischen, uneitlen Fußball-Sachverständigen, das den 50-Jährigen begleitet, entspricht dabei dem Klischee, das manch einer von seiner Heimat hat.

Koller setzte auf einen gewissen Podolski

Marcel Koller kam als Spieler mehr als 400 Mal für die Grasshoppers Zürich zum Einsatz, 1999 war er „Trainer des Jahres“ in seiner Heimat. In Köln, der Stadt seiner Träume, war Koller im Jahr 2003/04 sportlich gesehen nicht erfolgreich. Doch setzte er als erster regelmäßig einen 18-jährigen Nachwuchsspieler namens Lukas Podolski ein. Der erzielte ab November in 19 Spielen zehn Tore. Am Ende war der FC trotzdem abgestiegen, Koller musste gehen – und sah der weiterhin rasant verlaufenden Entwicklung des bald unter „Prinz Poldi“ firmierenden Shooting-Stars aus der Ferne zu.

Bochum, die nächste Station ab 2005, darf als Kollers erfolgreichste Trainerstation gelten. Beachtliche 1,36 Punkte holte er im Schnitt in 152 Ligaspielen, brachte die ehemals „Unabsteigbaren“, die gerade mal wieder abgestiegen waren, sofort wieder zurück nach oben und schaffte im ersten Jahr in der Bundesliga den achten Platz. In den beiden folgenden Jahren wurde der Abstand zur Abstiegszone immer knapper, das Bochumer Fußballspiel nach Meinung der Anhänger dazu im trister. Im Herbst 2009, Bochum war nach sechs Spieltagen Vorletzter, musste Koller gehen.

Fußball ohne Eigenschaften

Das Ende nach gut vier Jahren bekam eine Note, die Koller nicht verdient hatte. Den Rauswurf nach einer 2:3-Heimniederlage gegen den FSV Mainz 05 verkündete der Verein auf seiner Homepage versehentlich mehrere Stunden zu früh. Volkes Stimmung hatte sich in den letzten Wochen seiner Amtszeit zunehmend gegen den Schweizer Coach gekehrt, immer mehr blieben zuhause. Und die, die immer noch kamen, waren erzürnt. Fußball ohne Eigenschaften, das wurde Koller im Kern vorgeworfen. Mehrere Hundert Bochumer Fans forderten schließlich seinen Rauswurf. Der Schweizer war auch Opfer der Gegebenheiten geworden, hatte immer wieder die Abgänge von Leistungsträgern wie Zvjezdan Misimovic oder Jaroslaw Drobny zu verkraften.

Das Problem der chronischen Abgänge wird Marcel Koller bei seinem nächsten Job immerhin nicht haben. Und wer weiß, vielleicht geht für den Schweizer im Dienste des Nachbarn ja tatsächlich der eine oder andere kleinere Fußballtraum in Erfüllung.